Wirft man einen Blick in die Medien, dann zeigt sich, daß diese sich bzgl. ihrer Berichterstattung zum GfK-Konsumklimaindex und zum Ifo-Index wieder einmal sehr stark an der von der dpa verbreiteten Jubelberichterstattung orientieren. So auch die Frankfurter Rundschau, die mehr und mehr von ihrem ehemaligen linksliberalen Profil abrückt und sich stattdessen zunehmend im ohnehin schon reichlich vorhandenen konservativ-neoliberalen Medienmainstream einreiht. Zur Entwicklung von Ifo- und GfK-Index titelt die FR: "GfK und ifo: Wirtschaft trotzt den Unkenrufen".
http://www.fr-online.de/wirtschaft/gfk-und-ifo-wirtschaft-trotzt-den-unkenrufen-und-der-eurokrise,1472780,11334748.html
Zu diesem FR-Bericht habe ich dort zwei Leserkommentare verfasst:
Mein erster Leserkommentar:
Wieder einmal wird auf Basis sog. Stimmungsindikatoren im wahrsten Sinne des Wortes "Stimmung gemacht", frei nach dem Motto: "Ist Deutschland nicht Spitze?"
Zunächst einige Anmerkungen zum sog. GfK-Konsumklimandex, jenem Indikator, der lt. Gesellschaft für Konsumforschung die "Konsumentenstimmung" messen soll. Seit Ende des Jahres 2005 - dem Beginn der Merkel-Kanzlerschaft - wird dieser "Stimmungsindikator" in unschöner Regelmäßigkeit von den Medien dazu herangezogen, um mit Jubelberichten über einen angeblichen "Kaufrausch", "Konsumrausch" oder über "Konsumpartys" (v.a. als Stimmungsaufheller im Umfeld von Fußballwelt-/europameisterschaften) über die triste Entwicklung des in Heller und Pfennig gemessenen Privaten Verbrauchs hinwegzutäuschen. Zwischen den tatsächlichen – zumeist schwachen – Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zur Entwicklung des realen Privaten Verbrauches und dem in den vergangenen Jahren von der GfK häufig vorausgesagten Konsumanstieg klaffte in diesen Jahren jedoch zumeist eine deutliche Lücke. Auch im europäischen Vergleich schnitt Deutschland bzgl. der Entwicklung des Privaten Verbrauchs in den vergangenen Jahren sehr schlecht ab. Die Entwicklung des Privaten Verbrauchs in den europäischen Nachbarstaaten (insbesondere in den Krisenstaaten) verläuft auch und vor allem wegen der deutschen Dumpingpolitik (Lohn-, Sozial- und Unternehmensteuerdumping seit Ende der 90er Jahre) aktuell schlecht. Diese Dumpingpolitik hat nahezu alle übrigen Staaten der Eurozone (auch Frankreich) im preislichen Wettbewerb gegen die Wand gedrückt und ist somit ganz maßgeblich mitverantwortlich für die ökonomischen Schieflagen in Europa.
Im Bericht des FR-Journalisten Thomas Magenheim heißt es zur Entwicklung von GfK- und Ifo-Index: "Ifo erwartet jedenfalls ein gutes Weihnachtsgeschäft." Ich frage mich, wie diese Aussage mit folgendem Beitrag aus dem heutigen Handelsblatt zusammenpasst: "Unzufriedene Händler: Dem Weihnachtsgeschäft fehlt der Glanz"
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/dem-weihnachtsgeschaeft-fehlt-der-glanz/5977714.html
In diesem Handelsblatt-Beitrag heißt es konkret: "Nach den vier Adventswochenenden ist der Einzelhandel mit dem Verlauf der Vorweihnachtssaison alles andere als zufrieden. „Die Halbzeitbilanz des bisherigen Weihnachtsgeschäfts fällt weiterhin gemischt aus“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth. Der Knoten sei noch nicht geplatzt." Wieder einmal scheint zwischen der propagandistischen GfK-Welt und der Realität eine enorme Lücke zu klaffen!
Bezüglich der aktuellen Entwicklung von GfK-und Ifo-Index möchte ich zudem folgenden Aspekt zu bedenken geben: Es darf vermutet werden, daß die aktuellen Umfrageergebnise sowohl bezüglich des GfK- als auch bezüglich des Ifo- Index kurz nach Beendigung des Euro-Gipfels erhoben wurden. Im Nachgang zu diesem Euro-Gipfel wurde von den deutschen Medien wieder einmal eine positive Merkel-Vermarktung betrieben. Merkel wurde in zahlreichen Medien als "Euro-Retterin" hochgejubelt. Durch diese euphorische Medienberichterstattung dürfte sowohl bei jenen Mitarbeitern in den Unternehmen, die für die Ifo-Fragebögen verantwortlich sind als auch bei den befragten Konsumenten kurzfristig der Eindruck erzeugt worden sein, als habe Merkel den Euro tatsächlich "gerettet". Man könnte in diesem Falle auch von einer "deutschen Selbst-Suggestion" sprechen, die spätestens dann wieder verfliegen wird, wenn die harten Realitäten des Lebens sichtbar werden, sprich: wenn offenkundig wird, daß Merkel mitnichten "den Euro gerettet hat". Die Stimmungsindikatoren (GfK und Ifo) enthalten somit - wie es in der Börsianersprache heißt - ein "Rückschlagspotenzial".
Mein zweiter Leserkommentar:
Hier noch eine Ergänzung zu meinem obigen Kommentar, und zwar den Ifo-Index betreffend: Ich bezweifle nicht, daß sich die deutsche Wirtschaft - insbesondere exportgetrieben - momentan besser entwickelt als in den übrigen Staaten der Eurozone. Denn durch die von mir in meinem vorangegengenen Kommentar beschriebene Dumpingpolitik sind die Kassen der deutschen (Export-)Wirtschaft zur Zeit prall gefüllt. Dies ermöglicht der deutschen Exportwirtschaft sowohl im Vergleich zu den übrigen Staaten der Eurozone als auch im Vergleich zu zahlreichen Staaten ausserhalb der Eurozone (wegen des aus Sicht der hiesigen Exportwirtschaft günstigen - weil niedrigen -Euro-Wechselkurses) ein erhebliches Preissenkungspotenzial zu Lasten jener Staaten, welche in den vergangenen Jahren an preislicher Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der hiesigen Exportwirtschaft eingebüßt haben (v.a. die Krisenstaaten der Eurozone). Dies würde jedoch die ökonomischen Schieflagen innerhalb der Eurozone zu Lasten der europäischen Krisenstaaten weiter verschärfen, verbunden mit der Gefahr, daß uns der komplette Euro-Laden über kurz oder lang um die Ohren knallen wird. Dann wäre von heute auf morgen Schluss mit dem deutschen "Export-Wunder", denn die Wirtschaftsexperten gehen davon aus, daß in diesem Falle eine wieder eingeführte DM gegenüber dem Euro und gegenüber den übrigen Währungen um mindestens 30 Prozent aufwerten würde.
Die in unseren Medien anklingenden überheblichen und selbstgerechten Jubelchöre (frei nach dem Motto: "Wir sind besser als die anderen") sind vor diesem Hintergrund unbegreiflich. Der selbsternannte europäische Musterschüler spielt mit dem Feuer!
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