Kommentar Konjunkturpaket: Geschenke für die Falschen
Das Konjunktur entlastet vor allem die, die es nicht so arg nötig haben: die Gutverdiener und Unternehmer.
Malte Kreutzfeldt leitet das Ressort Ökologie und Wirtschaft.
Auf den ersten Blick klingt vieles gut am Konjunkturpaket. Wer freut sich nicht über niedrigere Steuern und Krankenkassenbeiträge, Geld für Schulrenovierungen oder Sonderzahlungen für Kinder? Doch bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass sich bei fast allen entscheidenden Punkten die Union durchgesetzt hat - und Geschenke an ihre Klientel verteilt.
Besonders deutlich wird dies bei den geplanten Steuersenkungen. Hatten die Sozialdemokraten ursprünglich darauf gedrängt, Entlastungen bei niedrigen Einkommen über eine Erhöhung der Reichensteuer gegenzufinanzieren, passiert nun das Gegenteil: Der Grundfreibetrag, von dem alle Einkommen gleichmäßig profitieren, wird zunächst weniger stark erhöht als ursprünglich geplant. Gleichzeitig wird die Steuerkurve so verschoben, dass Spitzenverdiener besonders stark entlastet werden.
Ähnlich ist der Effekt bei den Krankenversicherungsbeiträgen. Diese sinken nicht nur weniger stark als zuvor diskutiert. Weil vom Rabatt zudem die Hälfte an die Arbeitgeber geht, bleibt es für viele Versicherte dabei, dass sie mehr zahlen als im Vorjahr. Und auch die Neuwagen-Prämie nützt eher Menschen mit hohen Einkommen.
Diese Umschichtung des Konjunkturpakets zugunsten von Gutverdienern und Unternehmen ist nicht nur ungerecht, sie ist auch wirtschaftlich nicht hilfreich. Denn während Menschen mit wenig Geld jeden zusätzlichen Euro tatsächlich ausgeben und damit die Konjunktur stärken, sparen Besserverdienende einen deutlich größeren Teil ihres Geldes.
Besonders bedenklich ist allerdings die langfristige Wirkung dieses Pakets: Während die - politisch und ökonomisch - sinnvollen Maßnahmen wie Schulsanierungen und Kinderzuschläge nur einmal anfallen, bleiben die Steuergeschenke auf Dauer bestehen. Die Einnahmeausfälle, die sich daraus zwangsläufig ergeben, werden in Kombination mit der ebenfalls beschlossenen "Schuldenbremse" in der Zukunft zu neuen Sparhaushalten führen. Und wie negativ sich eine Politik der leeren Kassen auswirkt - für die Sozialbedürftigen ebenso wie fürs Bildungssystem und damit auch den Standort - haben wir ja lange genug erlebt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Angriffe auf Gaza
Können Journalisten Terroristen sein?
Wahlverhalten bei niedrigem Einkommen
Mieterhöhungen helfen der AfD
Altkleider-Recycling
Alte Kleider, viele Probleme
Demos gegen FPÖ-Regierung
Das andere Österreich
Klagen gegen Correctiv-Recherche
Rechtsstreits zum Rechtsextremen-Treffen
Vorwürfe gegen den Grünen Gelbhaar
Alles eine Frage der Gewichtung