piwik no script img

Kommentar Kommunen gegen BankenThe end of investment banking

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Der Streit zwischen Gemeinden und Finanzinstituten illustriert einen globalen Trend: 30 Jahre lang hat das Investmentbankig die Welt beherrscht, nun wird es abgewickelt.

E s war ein unwiderstehliches Geschäft für die Investmentbanken: Ahnungslosen Kommunalpolitikern wurden undurchsichtige Zins-Swaps angedreht. Doch was 2005 noch gewinnträchtig schien, wird nun zu einem Imagedesaster für die Banken.

Immer mehr Gemeinden klagen auf Schadenersatz, weil sie Millionenverluste erlitten. Die Deutsche Bank und die Hypovereinsbank mussten schon zahlen. Als Nächstes dürfte die WestLB dran sein, gegen die jetzt nordrhein-westfälische Kommunen vorgehen.

Der Streit zwischen Gemeinden und Investmentbanken ist ein Detail, das aber einen globalen Trend illustriert: Die Ära des Investmentbanking endet. 30 Jahre lang hat es die Welt beherrscht, doch nun wird es abgewickelt.

Bild: taz
ULRIKE HERRMANN

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Wo früher Reichtum winkte, türmen sich jetzt die Probleme. Den Banken fehlt Eigenkapital, der Umsatz schwindet, und die Kunden scheuen neuerdings das Risiko. Ohne Risiko gibt es aber keine Risikoprämien.

Den Investmentbanken ist nicht entgangen, wie gefährdet ihr Geschäft ist. Die meisten Institute bauen tausende von Stellen ab. Kein Land bleibt verschont. Ob Schweiz, Deutschland, England oder USA: Überall schrumpft die Branche.

Das ist nur konsequent. Denn das Investmentbanking ist eine parasitäre Tätigkeit, die mit der Realwirtschaft fast nichts zu tun hat. Geld wird in Geldprodukte investiert und eine imaginäre "Wertsteigerung" produziert. So wurden Billionen an Finanzkapital erzeugt, die nichts erwirtschaften, aber Rendite bringen sollten.

Dieses Paradox ließ sich nur verschleiern, solange immer neue Finanzprodukte erfunden werden konnten. Diese Zeit ist vorbei. Genau dafür steht das Detail, dass Kommunen ihre Verluste aus den Zins- und Währungswetten zurückfordern. Mit Cross-Border Swaps braucht man niemandem mehr zu kommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • A
    askan

    Investment Banking soll vorbei sein? Wieso denn das? Gibt es keine Börsen mehr an denen Aktien gehandelt werden? Gibt es keine Unternehmen mehr, die an die Börse gebracht werden sollen? Gibt es keine Vermögen mehr, die verwaltet werden wollen?

     

    Die Grundlagen und Motivationen für Investment Banking sind nicht auf einmal verschwunden. Es wird wieder Zeiten geben in denen Menschen größere Finanzrisiken eingehen möchten als heute.

     

    Ob man diese Menschen als Parasiten, Heuschrecken oder sonstwas bezeichnen will, hängt vom eigenen Menschenbild ab, mit der Biologie haben wir es ja in Deutschland schon öfters gehabt.

     

    Wie das Investment banking sinnvoll reguliert werden kann, ist aber ein Thema, das interessanter ist und über Trivialbiologie hinausgeht.

  • H
    Hasso

    Jeder bekommt das, was er verdient!

  • S
    Sozi

    Früher galt eine Bank bzw. ein Bankangestellter in unserer Gesellschaft als ein sehr seröser Mensch mit hohem Ansehen. Heute setzten wir diese zurecht mit Mafia und Kriminellen gleich. Selbst Schuld. Unser ganzes Wirtschaftsystem (mit Wirtschaft wird natürlich immer nur das Großkapital gemeint sein und nicht der kleine Bürger mit seinem Konsum)gleicht mittleweile einem Sumpf mit Mafiosen Struckturen und ein Unternehmer oder Banker und Politiker wird mindestens als ein moralisch verwerfliches Glied betrachtet das nur mit kriminellen Neigungen so weit gekommen sein kann. Demokratieabgewandt und koruppt, sowie ein verwerfliches Soziales Verständnis wird mit diesen Subjekten verbunden.

  • Z
    Zumsi

    Ach, die Banken haben doch noch unsere Spareinlagen, Kontenbestände und die Versicherungen unsere Versicherungseinlagen und Riesterrentenbeträge. Die können sie irgendwann einfach einziehen, die Auszahlung verweigern und Ihr Verlust ist begrenzt. Und das mit Einverständnis unser koruppten Politiker. Das die Bevölkerung dann gar nichts mehr auf der Hohen Kante hat ist doch egal.

    Die einzige real existierende "Wirtschaft" ist, das ein Mitarbeiter gut bezahlt wird und er das Geld dann durch Konsum von real existierenden Produkten wieder in den Fluß bringt. Darauf kann dann ein Anteil für den Staat abgezweigt werden und fertig ist ein Wirtschaftsystem. Aber auch nicht anders! Außerdem darf der Staat und die Gemeinden nicht mehr mit dem Geld arbeiten, sondern muß vor Beginn des Haushaltshjahres verbindlich festlegen, wofür bestimmte Steuereinnahmen ausgegegeben werden. Und mehr ist dann nicht drin. Und das möglichst mit Bürgerabstimmung zu wichtigen großen Projekten!

  • O
    Oliver45

    Beim Inerstmentbanking handelt es sich um ein grosses global angelegtes aus dem Anglo-Amerikanischen Raum zu uns herübergeschwapptes Schneeballsystem, das in New York City und London seinen Ausgangspunkt hatte. Die Finanzplätze London und New York City haben daran kräftig verdient und die "Dummen" sind die Kommunen und Bürger.

     

    Boss die Finger davon lassen, kann ich nur sagen.