Kommentar Kommunalwahlen in Bosnien: Ausrufezeichen der Hoffnung

Nicht nur Nationalisten legten bei Kommunalwahlen in Bosnien zu - zum Glück.

Bei den Kommunalwahlen in Bosnien und Herzegovina haben die großen Nationalparteien ihre Stellung in ihren Hochburgen behaupten können. Es gelang ihnen einmal mehr, indem sie die Ängste und Vorurteilen gegenüber den je anderen Volksgruppen schürten. So treiben sich die Nationalparteien gegenseitig das Wasser auf die Mühlen.

Vor allem der serbische Sozialdemokrat Milorad Dodik hat seine frühere Reformpartei zur nationalistischen Festung ausgebaut. In den letzten zwei Jahren hat er die Opposition in der serbischen Teilrepublik mit allen Machtmitteln an die Seite gedrängt - nicht nur durch physische Drohungen gegenüber Kritikern, sondern vor allem über die Kontrolle der Massenmedien und den Zugang zu den knappen Arbeitsstellen. So läuft alles auf einen Einparteienstaat zu. Im kroatisch-bosniakischen Teil dagegen konnte sich die kroatische HDZ gegenüber den Konkurrenten im eigenen Lager verbessern, während sich die Gewichte bei den Bosniaken von der Partei "Für BiH" des Haris Silajdzic hin zu alten Nationalpartei SDA verschoben.

Immerhin gibt es auch in diesen Parteien junge, energische Leute, die in manchen Gemeinden und Städten für eine andere Atmosphäre gesorgt haben. Hinzu kommt, dass all jene, die nicht die nationalistische Karte spielen und denen es nicht nur um den Machterhalt, sondern um die realen sozialen und politischen Probleme geht, ihre Position verbessert haben. So hielten die bosnischen Sozialdemokraten von der SDP nicht nur ihre Hochburgen in Tuzla, Bihac und im Zentrum von Sarajevo, sondern konnten sich überall verbessern. Auch die erst kürzlich gegründete "Unsere Partei" der Zivilgesellschaft gewann in Sarajevo auf Anhieb vier Sitze - und das, zehn Tage nachdem islamistische Schläger dort Hatz auf eine Schwulendemonstration gemacht hatten.

Im ganzen Land wird "Unsere Partei" in über 40 Gemeinden vertreten sein, bei Serben, Kroaten und Bosniaken. Im mehrheitlich serbischen Bosanski Petrovac errang sie sogar die Mehrheit. Diese multinationale Bewegung hat ein Ausrufezeichen der Hoffnung gesetzt.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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