Kommentar Kohlendioxid-Verpressung: Schwarzer Peter für die Länder
Das Gesetz zur Kohlendioxid-Verpressung sieht vor, dass die Länder eine Entscheidungskompetenz haben. Allerdings mit Einschränkungen. Typisch Merkel!
E s ist ein typischer Merkel-Kompromiss: Man will partout unterirdische Lagerstätten für Kohlendioxid durchsetzen, um die Verbrennung von Kohle auch weiterhin legitimieren zu können. Aber man scheut zugleich den Konflikt mit Millionen von Bürgern, die - natürlich - ein Abgaslager unter ihren Füßen ablehnen.
Also schiebt die Bundesregierung den Schwarzen Peter den Ländern zu. Sollen die doch entscheiden. Schwarzer Peter deswegen, weil die Entscheidungskompetenz, die den Ländern gewährt wird, nur eine wachsweiche ist. Könnten die Länder rechtssicher darüber bestimmen, ob sie eine Abgasdeponie auf ihrem Territorium dulden, wäre das Gesetz eine saubere Lösung. Doch so ist es nicht.
Der Bund gewährt den Ländern nur eine scheinbare Entscheidungskompetenz - und verlagert die Macht damit auf die Gerichte. Was, bitte schön, soll diese Formulierung im Gesetz: Die Länder können bestimmen, ob die Deponierung "nur in bestimmten Gebieten zulässig ist oder in bestimmten Gebieten unzulässig ist"?
BERNWARD JANZING ist freier Journalist in Freiburg. Im vergangenen Jahr erhielt er den Deutschen Solarpreis in der Kategorie Medien. Der Preis wird von Eurosolar, der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien, verliehen.
Zumal diese Festlegung "anerkannten fachlichen und sachlich vertretbaren Kriterien" folgen muss. Erklärt sich ein Land schlicht aus Gründen der Risikovorsorge für komplett frei von CO2-Deponien, sind bei solchen Formulierungen die Klageschriften der Kraftwerkskonzerne absehbar.
Kurz: Mit dem im Kabinett beschlossenen Gesetz soll eine Risikotechnik in der Gesellschaft durch Pseudo-Mitsprache der betroffenen Menschen von oben herab implementiert werden. Schließlich dürften es mitnichten die Kritiker der Kohlendioxidspeicherung sein, die jene "anerkannten Kriterien" definieren. Damit sind Bürgerproteste absehbar.
Denn immerhin geht es um ein Gas, das sich, wenn es denn tatsächlich aus dem Untergrund entweicht, als tödlicher Schleier auf den Erdboden legt. Kann nicht passieren, wenn man die "anerkannten Kriterien" einhält? Solche Sicherheitszusagen sind - zumal nach Fukushima - der reinste Hohn.
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