Kommentar Körperschaftsrecht: Bremer Minarett-Verbot
Den Körperschaftsstatus genießen Mormonen und Christian-Science-Anhänger seit langem - den Zeugen Jehovas soll er verwehrt bleiben.
V ielleicht haben sich die Bremer Grünen - allen voran ihr Fraktions-Vorsitzender Matthias Güldner - in ihrem Kleinkrieg gegen die Zeugen Jehovas nur verrannt. Vielleicht haben die bedrückenden Schilderungen von Sekten-Aussteigern sie emotional furchtbar mitgenommen - und jedes juristische Maß verlieren lassen. Man möchte es hoffen.
Denn die Alternative wäre ja einfach nur schäbig: Dass sie versuchen, sich als Mitregierungsfraktion noch ein wenig oppositionellen Anstrich zu verleihen, auf Kosten einer - wie auch immer kruden - Religionsgemeinschaft. Indem man ihr, offenkundig ohne neue Erkenntnisse, die Anerkennung eines Status verweigert, den die Mormonen oder die Anhänger der Christian Science seit Jahrzehnten genießen - völlig selbstverständlich.
Der Populismus-Verdacht ist allerdings naheliegend. Denn der Versuch, den höchstrichterlich bestätigten Anspruch auf Verleihung des Körperschafts-Status hinaus zu zögern, ist strukturell betrachtet kaum etwas anderes, als ein Minarett-Verbot zu fordern. Auch ein Minarett ist nicht Kernstück des muslimischen Glaubens, wohl aber Symbol seiner selbst gewählten Verfassung.
Der wesentliche Unterschied ist, dass eine abstrakte Rechtsform nicht einmal durch Sichtbarkeit stört: Sie ist das kleinere Zugeständnis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Schwarz-rote Sondierungen
So einfach darf Merz nicht davonkommen
Neue Milliardenkredite für Verteidigung
Union und SPD wollen Schuldenbremse reformieren
Der Pazifismus der Linkspartei
Mehr Rationalität wagen
US-Waffenhilfe für die Ukraine
Wir sind dann mal raus
Amokfahrt in Mannheim
Mit dem Auto in der Waffenverbotszone
Pkw-Attacke in Mannheim
Amokfahrer war früher in rechtsextremer Szene aktiv