Kommentar Klimazölle: Vorschneller Verzicht
Die EU-Länder halten Klimazölle für ökoimerialistisches Gehabe. Dabei gibt es durchaus etwas zu schützen, nämlich die Menschheit vor der Klimakatastrophe.
Die europäischen Umweltminister haben sich dagegen ausgesprochen, Produkte aus Ländern mit geringen Klimaschutzauflagen mit Zöllen zu belegen. Die Begründung dafür klingt überzeugend: China und Indien dürften nicht mit ökoimperialistischem Gehabe verärgert werden - schließlich soll ja noch in diesem Jahr ein neues weltweites Klimaabkommen ausgehandelt werden. Und da will man das sowieso schon heikle Verhältnis zwischen Industrie- und Schwellenländern nicht zu sehr belasten. Protektionismus durch Zölle erscheint als veraltetes Werkzeug.
Dabei gibt es durchaus etwas zu schützen, nämlich die Menschheit vor der Klimakatastrophe. Selbst die Hohepriester des freien Marktes von der Welthandelsorganisation (WTO) haben jüngst erklärt, dass vor diesem Hintergrund Klimazölle nicht unbedingt den WTO-Vorgaben widersprechen müssen. Und dass die EU an dieser Stelle sich als Vertreterin der reinen Lehre aufspielt, ist mit Blick auf die noch immer gezahlten millionenschweren Ausfuhrbeihilfen für europäische Agrar- und Nahrungsmittelkonzerne nicht gerade glaubwürdig.
Stephan Kosch ist Redakteur im taz-Ressort Ökologie & Wirtschaft
Letztendlich kommt es also auf die Ausgestaltung der Zölle an. Muss man denn wirklich gleich ganze Länder damit belegen? Bei Zigaretten und Alkohol sind es ja auch Produkte und nicht Hersteller, für die gezahlt werden muss. Warum geht das nicht auch bei Erzeugnissen, deren Herstellung besonders viel Kohlendioxid verursacht? Das würde im Übrigen den Unternehmen, die finanzielle Belastungen durch ein Emissionshandelssystem in Europa stets mit dem Hinweis auf die globale Konkurrenz bekämpfen, den Wind aus den Segeln nehmen.
Die EU sollte sich dieses Instrument des Klimaschutzes nicht grundsätzlich versagen. Denn es ist gut möglich, dass sie es noch brauchen wird.
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