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Kommentar KlimakonferenzTückischer deutscher Klimaengel

Kommentar von Nikolai Fichtner

Die Ernsthaftigkeit von Deutschlands Klimapolitik variiert je nach Anlass und Tagungsort. Vorbildhaft ist das nicht - und Vorreiter wird man da schon gar nicht.

W enn es um den Klimaschutz geht, zeigt die Bundesregierung in diesen Tagen ihre ganze Vielseitigkeit. Da ist zunächst der aktivistische Umweltminister auf Bali. Sigmar Gabriel kämpft auf der Klimakonferenz emsig dafür, die Industrieländer zu ehrgeizigen Klimazielen zu verpflichten. Aber sosehr er sich auch bemüht - seine Glaubwürdigkeit wird an anderer Stelle konterkariert.

Zum Beispiel in Brüssel: Dort wird in diesen Tagen darüber gestritten, wie hart Autokonzerne bestraft werden sollen, wenn ihre Modelle mehr CO2 ausstoßen als ab 2012 erlaubt. Die Bundesregierung kämpft dafür, die Bußgelder so niedrig wie möglich zu halten. Ein weiteres Beispiel für inkonsequenten Klimaschutz im Regierungsalltag liefert eine Entwicklungskonferenz, die derzeit in Berlin stattfindet: Die Weltbank buhlt um Beiträge der Mitgliedstaaten für ihren Entwicklungstopf. Die Entwicklungsministerin hätte sagen können: Wir geben nur dann mehr Geld, wenn die Weltbank damit keine Öl- und Gasprojekte, sondern nur noch erneuerbare Energien finanziert. Diese Chance hat sie versäumt.

Eine Klimaschutzpolitik, die alle Politikfelder umfasst, sieht anders aus. Kohärenz wäre jedoch nötig, um die ehrgeizigen Ziele zu erreichen, die die Bundesregierung auf Bali fordert. So drängt sich der Verdacht auf, dass sie den Klimaschutz nur dann ernst nimmt, wenn er nicht wehtut, sondern nutzt: Wenn er der deutschen Umweltbranche beim Export erneuerbarer Energien hilft; oder die Binnenkonjunktur anschiebt, weil er Handwerkern Aufträge für die Gebäudesanierung verschafft. Wo Klimaschutz der deutschen Wirtschaft dagegen wirklich wehtun könnte, bei Autos und Energiekonzernen, wird der selbst ernannte Vorreiter zum Blockierer.

Im Vorfeld der Klimakonferenz hat die Bundesregierung gemeinsam mit der EU sorgsam das Bild des Klimaengels aufgebaut, der Emissionen reduzieren kann und trotzdem im Wohlstand lebt. So wollte man den Rest der Welt vom Klimaschutz überzeugen. Doch mit ihrer widersprüchlichen Politik gefährdet die Bundesregierung diese Vorbildfunktion - und damit letztendlich auch den Erfolg der Klimaverhandlungen.

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