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Kommentar Klage gegen FiskalpaktBürger ersetzen Opposition

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die angedrohte Verfassungsklage gegen den ESM-Vertrag wäre eigentlich die Aufgabe von SPD und Grünen. Doch die haben Angst, als europafeindlich zu gelten.

D ie Schwachstellen geplanter Gesetze analysieren, den Abbau demokratischer Rechte anprangern, ein Bürgervotum über grundlegende Machtverschiebungen einfordern: Was das Bündnis von außerparlamentarischen Initiativen mit Unterstützung von Herta Däubler-Gmelin macht, wäre eigentlich die Aufgabe der Opposition im Bundestag.

Doch abgesehen von der Linkspartei, die ESM und Fiskalpakt aus inhaltlichen wie formalen Gründen ablehnt, sowie einzelnen Kritikern in der Koalition bleibt es im Parlament erstaunlich still. SPD und Grüne fürchten offenbar, dass eine kritische Haltung ihnen als verantwortungslos oder europafeindlich ausgelegt werden könnte.

Auch bei diesem Problem könnten sie von den Initiatoren der neuen Kampagne lernen. Die nämlich lassen keinen Zweifel daran, dass sie sich nicht gegen die Inhalte von ESM-Vertrag und Fiskalpakt wenden, sondern gegen die damit verbundene Entmachtung der nationalen Parlamente ohne gleichzeitige Stärkung des EU-Parlaments.

Bild: taz
Malte Kreutzfeldt

ist Parlamentskorrespondent der taz.

Herta Däubler-Gmelin war immerhin bis 2002 Justizministerin der SPD. Man könnte also annehmen, dass diese Partei die Bedenken ihrer prominenten Rechtsexpertin ernst nimmt. Von wegen. Die Fraktionsführung will sich öffentlich nicht einmal zu der Kampagne äußern, geschweige denn sie unterstützen. Dass dieses Wegducken am Ende vom Wähler belohnt wird, scheint fraglich.

Vielleicht überdenken SPD und Grüne ihre Haltung noch, wenn die Unterstützung für die angedrohte Verfassungsklage wächst. Und wenn nicht, können die besorgten BürgerInnen immer noch darauf setzen, dass das Bundesverfassungsgericht sich mehr um demokratische Rechte sorgt als dieses träge Parlament.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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11 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • M
    ManfredKVeits

    Für Interessierte verlinke ich auf die Website von Prof. Murswiek und dessen jüngsten Beiträge in der SZ - sehr erhellend

    http://www.jura.uni-freiburg.de/institute/ioeffr3/forschung/gutachten

  • L
    Lenny

    Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass auch die Piraten-Partei NRW den ESM ablehnen!

  • B
    Überdrüssiger

    Ich beteilige mich nicht mehr an solchen Diskussionen - bin Anhänger der marx`chen Verelendungstheorie.

  • K
    Karola

    Was ist denn von dieser Opposition noch zu erwarten?

    Sie haben in der Vegangenheit alle Werte und Normen verraten, die in der deutschen Sozial-, Arbeits- und Friedenspolitik verraten werden konnten und mit denen sie Wahlkampf gemacht haben. Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Friedenspolitik.

     

    Alles vorbei. Diese Parteien sind Neo-Parteien und scheren sich den Dreck darum, wie sie einmal waren.

     

    Sie wollten, dass Deutschland so ist, wie es jetzt ist.

    Sie wollten Kriege, soziale Spaltung, Armut in ganz Europa.

    Sie wollen mit Merkel und der CDU-CSU gemeinsame Sache machen.

     

    SPD-Grüne und die C-Parteien - keine Werte, keine Normen. Nur der Wunsch nach Macht und Diktatur eint sie.

  • BM
    Burkhard Malotke

    Bürger ersetzen Opposition

    Kommentar von Malte Kreutzfeldt

     

    Doch abgesehen von der Linkspartei, die ESM und Fiskalpakt aus inhaltlichen wie formalen Gründen ablehnt, sowie einzelnen Kritikern in der Koalition bleibt es im Parlament erstaunlich still.

    Auch bei diesem Problem könnten sie von den Initiatoren der neuen Kampagne lernen. Die nämlich lassen keinen Zweifel daran, dass sie sich nicht gegen die Inhalte von ESM-Vertrag und Fiskalpakt wenden, sondern gegen die damit verbundene Entmachtung der nationalen Parlamente ohne gleichzeitige Stärkung des EU-Parlaments.

     

    zum Kommentar von M. Kreutzfeld nur ein paar Anmerkungen:

    Wenn eine Maßnahme zwingend verbunden ist mit der Entmachtung der nationalen Parlamente bei gleichzeitigem Fehlen der Eingriffsmöglichkeiten des Europäischen Parlaments, sind die beklagten „Auswirkungen“ aus meiner Sicht zum „Inhalt“ hinzuzurechnen.

     

    Es ist aus meiner Sicht ein völliges Missverständnis von ESM und Fiskalpakt, wenn zwar die Wirkung eines Vertrages beklagt wird, sein Inhalt aber gutgeheißen. Damit spricht der Kommentator für ESM und Fiskalpakt und trennt in beinahe psychogener Weise Inhalt und seine Auswirkungen.

     

     

    B. Malotke, Mosbach

  • WL
    Werner Lieblich

    Eine Opposition jenseits von Kleinkram findet nicht statt in Deutschland - die Linke mal außen vor gelassen. Deutschland kennt fast nur noch Kaisertreue wie einst vor WK I. Okay, das ist dick überzeichnet. Und die Inhalte gerade des Fiskalpakts sind durchaus abzulehnen. Die Festlegung auf eine ökonomische Richtung bedeutet, den Wettkampf der Ideen per Gesetz zu verbieten. Ich möchte es nicht Gleichschaltung nennen. Der Sparwahn führt in Stagnation und Deflation und gibt Gelegenheit, europaweit Arbeitnehmerrechte abzureissen - Griechenland und Spanien sind schon mittendrin.

  • MN
    Mein Name

    Hier ist ein Link zur Initiative u.a. des Bayerischen Steuerzahlerbundes. Es wird eine Volksabstimmung über den ESM gefordert:

     

    http://www.stop-esm.org/

  • KK
    Karl K

    seggt is seggt:

     

    "Der unvollendet gebliebene Kronjurist der SPD und großartige Gegenspieler von Carl Schmitt, Hermann Heller, hat zum Haushaltsrecht und der These vom " nur formellen Gesetz" völlig überzeugend angemerkt: " was gibt es materielleres als das Haushaltsgesetz!?"

     

    Pointiert : dorten wird entschieden, ob der militärische Komplex gestärkt wird durch die Subventionierung des Exports von atomtauglichen U-Booten an Israel. Oder fließt die " Staatsknete" in Umsetzung des Verfassungsauftrages in Kitas zur Herstellung der Gleichheit von Bildungschancen?

     

    Vor der Klammer aber steht: sinkende Staatseinnahmen zwingen zum Kürzen - in welchem Bereich ist erst der nächste Schritt.

    Das gilt auch für den Fall, daß vorab Geld abgezweigt werden muß. Z. B. hier für den Fiskalpakt. Umsomehr, wenn gleichzeitig die sog. Schuldenlastquote gesenkt werden muß.

     

    Diese eu-bedingte Doppelzange, dem

    " goldenen Zügel " der Kommunen vergleichbar, in die der Haushaltsgesetzgeber, das Parlament, gerät, prangert Gysi auf verschiedenen Ebenen an.

    Denn er weiß, wie jeder Nichtblauäugige:  muß gespart werden, dann wird das nicht die Habenden, die Lobbyklientilisten treffen. Der Handlungsrahmen wird also - zusätzlich - wirtschaftsleistungsabhängig beschnitten.

     

    Gewiß, Gysi nimmt den dicken Stift.

    Aber - " Tatsächlich stimmen Gysis Unkenrufe nur unter ungünstigen Bedingungen."

    Tatsächlich? Unkenrufe? Ja wo denn? Krachzuschlagen, wenn das vornehmste Recht des Parlaments, der Volksvertretung, via EU-Gängelung erkennbar beschnitten wird, ist kein Unkenruf.

     

    Zumal der aufgezeigte Mechanismus nur bei einem Wirtschaftswachstum von 3% ( so 2011) - real - nicht greift.

    Bei dem für 2012 erwarteten Wachstum von 1% aber sehr wohl

     

    Vor der Folie der in der EU derzeit grassierenden Sparwut, sind die Folgen leicht vorhersehbar und für welche Schichten auch.

     

    Hat doch so ein Unverdächtiger wie Gazprom Gerd - Erfinder des nach einem Kriminellen benannten Antisozialgesetz, Hartz IV, - schon eine Agenda 2030 gefordert.

    Ja " aus anderer Leder ist leicht Riemen schneiden."

     

    Das alles vor dem Hintergrund, daß das EU-Parlament ein " hinkendes" ist, weil es über ein echtes Budgetrecht grade nicht verfügt. Und bis auf weiteres dank der Kommission auch nicht verfügen wird."

     

     

    In der Tat ist es unfaßbar, wie dat Merkel SPD und Grüne vor sich hertreibt, die Instrumentarien zur Schleifung des Sozialstaats in Gefolge der Hartz IV-Verbrecher

    installiert, gleichzeitig knallharte Klientelpolitik " der Dübel shit liggers up denn grützten Huppen" betreibt und - " der Rest" politisch paralysiert zu-, nein wegschaut!

     

    Jetzt also Hertha to the front. " Brilliante Juristin" - nunja; das wird nicht reichen.

    Angesichts ihrer bekannten Eigenheiten wären mir Profis - z.B. aus dem Häberle-Kreis wie Ingolf Pernice, Hellmuth Schulze-Fielitz et al. als " sidekicks" äußerst lieb.

     

    Bei der von Christian Rath mehrfach zu Recht aufgespießten "Kuschelnähe" von Bundesverfassungsgericht, dessen Präsident Voßkuhle - zur Regierung(!) gilt natürlich - soviel Wasser in den Wein muß leider sein -:

    " Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand."

    Ich wünsche dieser Regierung insoweit alles schlechte.

  • M
    mehr_demokratie

    Wenn Sie sich weiter über die Verfassungsbeschwerde informieren wollen oder sich der Klage anschließen möchten, schauen Sie bitte auf die Internetseite der Kampagne (verfassungsbeschwerde.eu) .

  • MS
    Martin Schröder

    Herta war nicht die letzte SPD-Bundesjustizministerin; die Ehre gebührt Brigitte Zypries.

  • IG
    Irmgard Geibel

    Ihren Kommentar hier eingeben

     

    Frau Däubler-Gmelin ist eine excellente Juristin und der SPD fehlt es wohl heute an solchen Politikern. Wenn die SPD nicht endlich begreift, dass bei der ganzen Krisenpolitik Europas nur die Banken gestützt werden (s. Auszahlung der -de facto- nicht vorhandenen Dividenden für die Aktionäre der Greece Nationalbank), müssen die "Volksparteien sich nicht wundern, wenn die Piraten, die Linken oder gar nicht mehr gewählt wird. Wie weit muss es noch kommen?