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Kommentar Kita-AusbauExperiment am lebenden Kind

Heide Oestreich
Kommentar von Heide Oestreich

Die Bundesregierung hat den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kleinstkinder nicht ordentlich umgesetzt. Dieses Experiment ist mehr als riskant.

E s ist der Horror aller Eltern: Sie geben ihren schutzbedüftigen Winzling in der Kita ab. Und wenn sie dann zur Arbeit fahren, rattert es im Gehirn: Bilder des schreienden Zwergs, den niemand tröstet. Bilder von schubsenden Zweijährigen, gegen die sich ein Kleinstkind nicht wehren kann. Kann passieren. Passiert auch – wenn zu wenig ErzieherInnen für zu viele Kinder da sein sollen.

Die Umfrage der AWO zeigt, dass solche Sorgen durchaus realistisch sind. In mehr als der Hälfte der befragten Einrichtungen werden Gruppen vergrößert und die Altersmischung verändert: immer weniger Fachkräfte für immer mehr jüngere Kinder auf immer weniger Platz.

Die Bundesregierung hat den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz nicht genug unterfüttert. Wo war die Ausbildungsoffensive für ErzieherInnen? Wo die festen Qualitätsansprüche an die Einrichtungen? Warum werden 2,2 Milliarden Euro Betreuungsgeld nicht in die Kitas gesteckt?

Bild: taz
Heide Oestreich

ist Redakteurin für Geschlechterpolitik im Inlandsressort der taz.

Nun wird der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz zur Zumutung: Wer den angebotenen Platz zu riskant findet, der hat Pech gehabt. Und wer wird das sein? Nicht die bürgerliche Mittelschicht: Sie werden eine private Einrichtung mit sauberem pädagogischen Konzept bezahlen. Oder Mami bleibt noch ein Jahr zu Hause, Geld genug ist da. Aber die Mütter und Väter, die zu wenig Geld haben und arbeiten müssen, und die MigrantInnen, denen erzählt wird, dass ihr Kind in der Kita so schön Deutsch lernt – die wundern sich über ihr unglückliches Kind, das nicht mehr in die Kita will.

Ja, man kann in Kitas Sozialverhalten lernen und das Hirn trainieren. Man kann dort aber auch asoziales Verhalten lernen und zu ängstlich werden, um noch die Welt entdecken zu wollen – wenn niemand interveniert. Auf so ein Experiment an lebenden Kindern sollten wir verzichten.

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Heide Oestreich
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1968, ist seit langem Redakteurin für Geschlechterpolitik in der taz und im kulturradio vom RBB. Von ihr erschien unter anderem das Buch „Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam“. 2009 wurde sie mit dem Preis „Der lange Atem“ des Journalistenverbands Berlin Brandenburg für die Berichterstattung über Geschlechterstereotype ausgezeichnet.
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7 Kommentare

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  • I
    Irmi

    an Medley

     

    Ich habe auch nicht behauptet, das alle Kinder so "erzogen" werden. Was ich aber beschrieben habe ist die Realität. Ich habe die Informationen von einer Erzieherin, die seit Jahren damit täglich konfrontiert ist.

     

    Leben Sie nach dem Motto, was nicht sein darf ist nicht ?

     

    Dann gehen Sie mal an Spielplätze, an Schulen und beobachten die Kinder egal in welcher Altersklasse. Dann wird sich meine Beschreibung (nicht Behauptung) zeigen. Die Erzieher besonders später die Lehrer sind zu bedauern, mit welchen Kindern sie da konfrontiert sind.

  • WD
    wenn die Lösung zum Problem wird

    Das Problem der U3-Betreuung ist die staatliche Krippenbetreuung.

    Ein Problem der staatlichen Krippenbetreuung ist dass es derzeit zu wenige Erzieher gibt und zuviele Mütter, die aus Angst um ihren Arbeitsplatz oder finazieller Nöte ihre Kleinstkinder betreuen lassen wollen/müssen.

     

    Die meisten Eltern würden unter gesicherten Verhältnissen ihre Kinder selbst betreuen.

     

    Sie können sich auf den Kopf stellen und mehr Geld für Kitas fordern oder Betreuungsgeldbefürworter verteufeln.

    Die ideologisch angepeilte Lösung "alle" Kleinstkinder in die Krippe - das ist das Problem.

     

    Forderungen nach kollektive Krippenerziehung, führt zu jenen Qualitätsstandarts, die nun über Jahre festgeschrieben werden. Dabei kommt unweigerlich eine Zweiteilung des Bildungssystem in billig staatlich und scheinbar besser privat heraus.

     

    Es ist der Einstieg in die Privatisierung des gesammten Bildungssystems. Bertelsmann und Co, die großen neoliberalen Denkpanzer haben sich in Medien und Politik durchgesetzt.

  • M
    Medley

    @Irmi(20:17 Uhr)

     

    Was erzählen sie denn da? Das, was sie da beschreiben, dass trifft vielleicht für max. 10% aller unser heimischen Kita-Kinder zu, die zusammen mit ihren karrierresüchtigen Eltern in hippen Trendbezirken oder noblen Villenghettos wohnen(müssen) und die unglücklicher Weise dann tatsächlich in der Art, wie sie es beschreiben, von ihren Erzeugern, oder besser gesagt, von ihren "Projektmanagern", schon im frühen Windelalter fit für den Arbeitsmarkt von Überübermorgen gemacht werden, gewiss aber nicht für das Gros der ganz ganz normalen Leute wie Sie und ich, deren Erziehungsleistung idR. vorallem darin besteht, ihr(e) Kind(er) zu Anpassung zu trimmen. Ein Kind als Solches hat zu gehorchen und sich zu benehmen, mitnichten aber (ua. mit Gewalt) "dominat" zu sein. Das gilt heute ebenso wie früher, und das ist in anderen Gesellschaften und Kulturen noch viel mehr der Standard, als unser im Verhältnis dazu ziemlich locker-flockig gestaltetes Deutschland. Nichts destotrotz WILL nämlich die MEHRHEIT aller bei uns beheimateten Erziehungsberechtigten mit oder ohne Hintergründe jedweder Art, ganz gewiss eins nicht in ihren heiligen vier Wänden: Einen kleinen Tyrannen heranziehen, der zu seinem terroristischen Verhalten von, ja, dann wohl in dem Zusammenhang offenbar arg masochistisch veranlagten Müttern und Vätern mittels ihrer postulierten, "Du musst dich durchsetzen!" "Du musst dominant und rücksichtslos sein!" Du musst ein Sieger sein!"-Appelle zu seinem Unverhalten anstachelt und animiert wird. Und sowas kann in Folge mit großer Wahrscheinlichkeit verflixt in die Hose gehen, wenn das Kind so ein vermitteltes Wertebild nicht nur gegen Gleichaltrige und dem ihn betreuenden Erziehungspersonal, sondern dann auch rekursiv gegen seine Eltern selbst anwendet.

  • V
    vic

    Ein schwacher Artikel im taz-üblichen "Dagegen"-Stil. Langweilig und nichtssagend.

  • I
    Irmi

    Frau Oestereich schreibt:

    Ja, man kann in Kitas Sozialverhalten lernen und das Hirn trainieren. Man kann dort aber auch asoziales Verhalten lernen.

     

    Dazu sage ich, im Kindergarten lernt man soziales Verhalten, asoziales Verhalten lernt man daheim.

     

    Ich münze was ich sage nicht auf alle Kinder, aber es gibt viele wo es wie folgt läuft:

     

    Kinder werden durch Erwartungen der Eltern überfordert, Kinder lernen daheim man muss sich durchsetzen also dominant sein, man muss sich wehren das beste Mittel ist schlagen, Kinder kennen keine Grenzen, keine Rücksichtnahme, die Eltern wollen Kinder die immer durch "Leistung" hervorstechen, man muss ein Gewinner sein. Kleine Kinder die man ins Ballet schickt, in den Musikunterricht und was noch alles um mit ihnen angeben zu können. Das formt die Kinder und die Erzieher müssen den Kindern das Gegenteil zeigen, das es ohne Streit, ohne Schlagen, ohne heftige Auseinandersetzungen geht, das es nicht nur ich sondern ein wir gibt, das man teilen sollte, das man anderen helfen sollte die in Schwierigkeiten sind warum auch immer. Die Erzieher müssen den Eltern klar machen, das es noch Kinder sind, die nicht permanent etwas Sichtbares produzieren müssen sondern auch noch Zeit zum Spiel haben müssen.

     

    Oder man trichtert den Kindern ein, wenn sie den Erwartungen der Eltern nicht entsprechen, das sie keine Kinder sind die man lieb haben kann.

     

    Das Experiment am lebenden Kind, beginnt daheim, wird fortgesetzt in der Schule und später im Berufsleben.

     

    Wenn ein Kind als kleines Kind kein soziales Verhalten vorgelebt bekommt, kann man von Erziehern nicht fordern, das sie die Fehler die zuhause gemacht werden ausbügeln. Ein Erzieher hat nicht nur ein Kind, das er "erziehen" muss sondern bis zu 25 Kinder. Daher müssen die Eltern gefordert werden diesen Lebensvorbereitungskurs zusammen mit den Erziehern zu unterstützen. Nicht selten haben die Erzieher Probleme mit Eltern anderer Kulturen, die ihre Kinder nicht zu sehr germanisiert wissen wollen.

     

    Das Wort germanisiert kommt nicht von mir, sondern stammt aus einem Artikel wo ein Kind mit "Migrationshintergrund" den Eltern genommen und in ein Kinderheim gebracht wurde, was einen Sturm der Entrüstung auslöste, weil man Angst habe vor Zangsgermanisierung, weil das Kind dem Einfluss der Eltern entzogen sei.

  • I
    Irmi

    Toll, das die EU Kommission der Regierung auf die Nerven geht ?

     

    Was wenn kein Geld mehr da ist, weil wir so heftige finanzielle Probleme zu schultern haben, die unser Staat sich mit der Eurozone und Euro aufgeladen hat und Milliarden in den Sand gesetzt wurden durch politische Fehlentscheidungen ?

  • A
    aujau

    Solange Muetter nicht bei Politik und Wirtschaft auf die Barrikaden gehen und ErzieherInnen nicht bundesweit streiken, wird es nicht besser. Schoen, dass die EU-Kommission der Regieung ein bisschen auf die Nerven geht.