Kommentar Kirchliches Arbeitsrecht: Glaube, Lohn, Streik
Gesetzgeber und Gerichte haben den Konflikt ums kirchliche Arbeitsrecht bislang zugunsten der Kirchen gelöst. Für die Beschäftigten ist das nicht hinnehmbar.
Vergelt's Gott" - mit dieser auf zukünftigen Lohn verweisenden süddeutschen Dankesformel sind selbst die Beschäftigten in kirchlichen Sozialeinrichtungen nicht länger zufriedenzustellen. Die Gewerkschaft Ver.di fordert jetzt zu Recht, dass auch bei ihnen das normale staatliche Arbeitsrecht gelten soll.
Bisher gibt es hier drei große Ausnahmen: Die Kirchen können erstens das Privatleben der Beschäftigten reglementieren; bei Homosexualität und Ehebruch droht in katholischen Einrichtungen der Rausschmiss.
Zweitens gibt es in ihren Einrichtungen keine Betriebsräte, sondern nur schwächere Mitarbeitervertretungen. Und drittens darf für die Erhöhung von Löhnen und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen nicht gestreikt werden. Dies wird vor allem in evangelischen Betrieben zum Abbau von Standards genutzt.
ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.
Das alles folge aus dem Selbstverwaltungsrecht der Kirchen, sagen Gesetzgeber und Gerichte. Für den engeren Bereich der Kirchenorganisation - also für Pfarrer und Kirchenbeamte - ist das auch akzeptabel. Dass dies aber auf den gesamten Bereich der kirchlichen Sozialeinrichtungen erstreckt wird, geht viel zu weit.
Diese sind schon lange kein hehrer Ort der selbstlosen Nächstenliebe mehr. Vielmehr agieren hier Sozialkonzerne, die gegen Bezahlung (hoffentlich) gute und professionelle Arbeit leisten.
Es geht also bei dem aktuellen Streit um einen neuen Ausgleich der Interessen. Dabei können sich beide Seiten aufs Grundgesetz berufen: Die Kirchen auf ihr Selbstverwaltungsrecht und den Schutz des "tätigen Glaubens", die Beschäftigten auf ihr Recht, Gewerkschaften zu bilden und kollektiv zu streiken.
Bisher haben Gesetzgeber und Gerichte den Konflikt einseitig zugunsten der Kirchen gelöst. Das war schon immer falsch. Doch mit zunehmender Ökonomisierung aller sozialen Tätigkeiten wird das für die Beschäftigten gefährlich und nicht mehr hinnehmbar.
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