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Kommentar KarenzzeitenEin gutes Zeichen

Anja Maier
Kommentar von Anja Maier

Dass Ronald Pofalla wohl doch erst 2015 zur Bahn wechselt, liegt an den neuen Machtverhältnissen im Land. Jetzt muss sich die SPD beweisen.

Er darf noch nicht einsteigen: Ronald P. Bild: dpa

E s gibt immer wieder Ärger, wenn hohe Politiker in die Wirtschaft wechseln. Das ist bei Ronald Pofalla nicht anders, als es bei dem CDU-Mann Eckart von Klaeden war oder beim einstigen SPD-Kanzler Gerhard Schröder.

Alle schickten sich zügig an, gutbezahlte Lobbyarbeit für jene zu verrichten, denen sie zuvor als Politiker begegnet waren. Und jedes Mal taten sie so, als vernähmen sie nichts vom Unmut und dem immer schwerer auszuräumenden Grundmisstrauen gegenüber der Politik. Als seien derlei Interessenverquickungen rein private Entscheidungen.

Dass es diesmal wohl anders läuft, ist ein gutes Zeichen. Dem Vernehmen nach wird Ronald Pofalla wohl doch erst im kommenden Jahr in den Vorstand der Deutsche Bahn AG wechseln. Egal, ob er sich in diesem Jahr der von ihm selbst angekündigten „Familienplanung“ oder vielleicht dem Bau einer eigenen Modelleisenbahn widmen möchte – dass er mit seinem raschen Wechsel nicht durchkommt, liegt an den neuen Machtverhältnissen im Land.

Die SPD war es, die im Wahlkampf versprochen hatte, Lobbyismus mit harter Hand zu bekämpfen. Das war wichtig, weil ihr eigener Spitzenkandidat als vortragsreisender Abgeordneter gezeigt hatte, wie man von den Bürgern gewählt und von den Lobbyisten honoriert wird. Nun ist die SPD an der Macht und muss beweisen, dass sie es ernst meint.

Dass es am Ende im Koalitionsvertrag nur zu der Formulierung gereicht hat, man wolle eine „angemessene Lösung“ finden, ist schade. Aber auch nicht so wichtig. Denn wie sich jetzt zeigt, über- und unterbieten sich aktuell der neue SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann und Unionsfraktionschef Volker Kauder mit ihren Forderungen nach Karenzzeiten. Am Ende wird wohl eine gesetzliche Regelung stehen. Immerhin.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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4 Kommentare

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  • Die Bahn ist Staat - nicht Wirtschaft. Sie gehört dem Bund und ist Muttis Endlager für abgehalfterte Diener. Wirtschaft ist da, wo man pleite geht, wenn man nicht genug einnimmt. Die Bahn ist pseudo-privat, damit man als Versorgungsfall viel mehr kassieren kann und sich mit Gedöns wichtig tun kann. Zurück zur Staatsbahn - billiger und direkt zu führen. Da werden die Brücken repariert und nicht alle Flächen verramscht, damit Absahner ihren Bonus bekommen. Totengräber der Bahn ist zur Zeit Merkel.

  • G
    gast

    Und das Gehalt Pofallas läuft weiter auf Kosten der Steuerzahler ?

     

    Oder zahlt die Regierung das Staatsunternehmen DB auch die nun entgangenen 1,8 Millionen an Pofalla ??

  • W
    Werksvertrag

    Karenzzeiten sind doch nur Augenwischerei. Sie dienen nur dazu uns, den Wähler, in Zaum zu halten. Inhaltlich verändert sich nichts. Im besten Fall wird es verzögert, aber selbst daran glaube ich nicht. Und sei es, das zB Pofalla gegen Honorar arbeitet. Ein Büro ist schnell gegründet.

    Lobbyismus wird man so und anders nicht abschaffen können, zumal alle Politiker per Beruf Lobbyisten sind. Sie vertreten Interessen - gut ist das natürlich nur, wenn es die Interessen meines Wahlkreises sind.

  • J
    joe

    Es geht bei Pofalla nicht nur um Karenzzeiten. Pofalla war 2012/13 maßgeblich daran beteiligt, dass Stuttgart21 weitergebaut werden soll, obwohl 2,3 Milliarden Mehrausgaben bereits feststanden. Mit diesen nun mindestens 6,8 Milliarden ist das Projekt weiter unterfinanziert und, selbst nach Aussagen der Bahn, unwirtschaftlich. Der Aufsichtsrat hätte also seine Zustimmung, im Intresse des Unternehmens, verweigern müssen - wäre da nicht Pofalla gewesen. Und schon zuvor wurde die Vertragsverlängerung, vorzeitig, vom desaströsen Grube abgesegnet - ebenfalls Kanzleramt/Pofalla. Das Möhrchen-Prinzip von Mehdorn gilt weiterhin. Jetzt bekommt Pofalla seine Belohnung - ob die 1,8 Mio pro Jahr nun jetzt oder etwas später bezahlt werden, wird den nicht stören - er ist ja auch derzeit gut versorgt.

    Der Selbstbedienungssumpf Bahn AG gehört ausgetrocknet - Fahrpreiserhöhungen für die Millionengehälter und -provisionen von diesen Stümpern, die das Volksvermögen Bahn beständig ruinieren, gehören dann auch der Vergangenheit an.