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Kommentar Kampf um Falludscha im IrakEine Gurkentruppe namens Armee

Der Sturm auf Falludscha offenbart den kläglichen Zustand des irakischen Militärs. Doch selbst bei Erfolg: Das Problem ist ein anderes.

Selfie im Krieg: Soldaten der irakischen Regierungsarmee nahe Falludscha Foto: reuters

Nichts könnte den erbärmlichen Zustand der irakischen Armee deutlicher machen als Falludscha. Seit über zwei Jahren hält die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) die irakische Stadt besetzt, ohne dass die Regierungstruppen sie zurückerobern konnten. Und das, obwohl Falludscha vor den Toren Bagdads liegt. 60 Kilometer sind eine ideale Entfernung, um Selbstmordattentäter zu entsenden und die Drohung aufrecht zu erhalten, dass der IS auch auf die Hauptstadt vorrücken könnte.

Nun also versucht die irakische Armee – mit Luftunterstützung der USA und ihren Verbündeten – den IS aus Falluduscha zu vertreiben. Die Offensive ist ein Testfall dafür, ob es Hoffnung gibt im Kampf gegen den IS, denn Falludscha ist mehr als nur irgendein Ort im Irak. Die Stadt ist ein Symbol.

Zu Saddam Husseins Zeiten war sie eine Hochburg der sunnitisch dominierten Baath-Partei. Nach der US-Invasion 2003 entwickelte sie sich zum Zentrum des Widerstands. Unvergessen sind die grausamen Bilder der Sicherheitsberater des US-Unternehmens Blackwater, deren Leichen verbrannt, durch die Straßen geschleift und an einer Brücke aufgehängt wurden.

In Falludscha ist der irakische Arm von al-Qaida groß geworden. Und eben dieser Ableger des Terrornetzwerks benannte sich später in „Islamischer Staat“ um – Dschihadisten also, denen al-Qaida nicht radikal genug war.

Massive Gegenwehr

Die IS-Miliz hat mit massiver Gegenwehr den Ansturm der Armee auf Falludscha zum Stocken gebracht. Die Soldaten hätten ihren Vorstoß in der Nacht zum Dienstag vorerst eingestellt, nachdem sie unter heftigen Beschuss geraten seien, sagte ein Kommandeur. Derzeit harrten die Eliteeinheiten in Tunneln und Schutzgräben etwa 500 Meter vom südöstlichen Stadtteil Al-Schuhada entfernt aus. Für die Zehntausenden Zivilisten, die in der IS-Hochburg eingeschlossen sind, spitzte sich die Lage derweil offenbar weiter zu. Der Generalsekretär des Norwegischen Flüchtlingsrats warnte vor einer Katastrophe für die Menschen. (rtr)

Falludscha hätte kein Refugium für Terroristen werden können, gäbe es nicht auch viele Sympathisanten in der Bevölkerung. Gemeinsam hasst man die Schiiten, die als Bevölkerungsmehrheit seit dem Fall Saddam Husseins das Sagen haben und nun ihrerseits die Sunniten unterdrücken.

Genau das macht die Rückeroberung nun so kompliziert. Die irakische Armee lässt sich von schiitischen Milizen unterstützen, die ihre Rücksichtslosigkeit und Brutalität bereits unter Beweis gestellt haben. Die Offensive auf Falludscha könnte im schlimmsten Fall auch ein Rachfeldzug werden.

Gefangen zwischen den Fronten sind rund 50.000 Zivilisten. Falludscha wird seit Monaten von der Armee belagert. Die Menschen hungern, aber der IS – oder „Daesh“, wie die arabische Abkürzung lautet – lässt sie nicht aus der Stadt. Von ein paar hundert Bewohnern, denen es gelungen ist zu fliehen, weiß man, dass Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht werden. Männer und Jungen, die nicht bereit sind zu kämpfen, werden erschossen, berichten sie. Die Lage der Familien sei verzweifelt, konstatiert die Uno.

Doch selbst wenn es der von Korruption geschwächten Gurkentruppe, die sich irakische Armee nennt, gelingt, Falludscha zurückzuerobern: Wie soll es weitergehen?

Der IS kann nur dann besiegt werden, wenn sich die Sunniten selbst gegen ihn stellen, mitsamt der ehemaligen Baath-Partei-Militärs. Das wird nur dann passieren, wenn es der irakischen Führung gelingt, alle Bevölkerungsteile so in die Regierung zu integrieren, dass sie sich auch wirklich vertreten fühlen. Man muss schon sehr optimistisch sein, um das für wahrscheinlich zu halten.

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6 Kommentare

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  • "Der IS kann nur dann besiegt werden, wenn sich die Sunniten selbst gegen ihn stellen, mitsamt der ehemaligen Baath-Partei-Militärs."

     

    Hä ? Die militärische Kommando-Ebene des "IS" IST das ehemalige Baath-Partei-Militär. Die gut ausgebildeten Offiziere wurden von den USA nach dem Sieg über Saddam in die Arbeitslosigkeit entlassen und haben sich einen neuen Job gesucht. Deswegen ist das neu aufgebaute irakische Militär dem "IS" operativ und taktisch hoffnungslos unterlegen.

    Nicht nett, diese armen Kerle, denen gerade einmal beigebracht wurde, an welchem Ende sie das Gewehr festhalten sollen, "Gurkentruppe" zu nennen.

  • "Gurkentruppe" - Es ist immer leicht, diejenigen, die im Schützengraben hocken, aus sicherem Abstand zu schelten. Ich stünde nicht gerne an deren Stelle.

  • Hört sich so an, als ob der Taz-Autor nicht wollte, dass Falludscha vom IS befreit würde, so sehr, wie er den Vorstoß gegen die IS-Hochburg kritisiert.

     

    Und warum die irakische Armee eine Gurkentruppe sein soll, das wurde auch nicht näher beschrieben.

     

    Ein bisschen Info über den Verlauf des Angriffs fände ich jetzt gar nicht verkehrt...

  • Sicherheitsberater von Blackwater? Bezahlte Killer!

  • Wie der Autor bereits richtig festgestellt hat, wurde die Stadt zum Albtraum der Amerikaner. Laut US-Militär soll die zweite Schlacht von Falludscha der schwerste Häuserkampf seit Hue (Vietnam) gewesen sein. Das irakische Militär wird es sehr wahrscheinlich nicht einfacher haben. Daher ist es in meinen Augen recht unfair, die Einsatzkräfte Iraks bereits jetzt als Gurkentruppe zu bezeichnen. Just btw die Amis brauchten auch etwa 2 Wochen um mit Falludscha fertig zu werden.

     

    Im übrigen sollte der eigentlich wichtigsten Frage mehr Platz eingeräumt werden. Selbst wenn es die irakische Armee schafft, diesen blutigen Häuserkampf zu "gewinnen", was dann? Hier wird gegen eine Terrorgruppe gekämpft, der IS wird auch ohne Falludscha weiterexistieren!

  • Immer nur die eine Seite der Gewalt, dass ist auch die Methode mancher AfD`ler und PEGIDA`S. Da wird über die unvergessen grausamen Bilder der Sicherheitsberater des US-Unternehmens Blackwater, deren Leichen verbrannt, durch die Straßen geschleift und an einer Brücke aufgehängt wurden berichtet. Das man in zwei Golfkriegen diese ca. 350.000 Einwohner umfassende Stadt in Grund und Boden bombardierte mit zehntausenden Opfern bleibt unberücksichtigt. Die bösen Iraker, haben zwei US – Soldaten getötet und verbrannt. Dabei kann heute jeder nachlesen, wie sich die Stadt in 2003 von einem zunächst als stabiler und friedlicher als andere Landesteilen bekannten US –Stützpunkt zur Stadt des Widerstandes entwickelte. Das Abu-Ghuraib-Gefängnis und die massenhafte Tötung von unbewaffneten Demonstranten zeichnen diesen Weg vor.