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Kommentar Kampf gegen PiratenEs ist Zeit, richtig zu intervenieren

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

In Somalia wird bereits vielfach eingegriffen. Nun kommt eine Institution gegen Piraterie dazu. Auf diese Weise destabilisiert der Westen das Land nur noch mehr.

A b wann ist eine Intervention eine Intervention? Was die Welt in Somalia unternimmt, wird immer ambitionierter. Nicht nur hat das Ausland eine Regierung installiert und hält sie mit ausländischen Schutztruppen im Amt. Ausländische Kampftruppen übernehmen auch den Krieg gegen die somalischen Gegner dieser Regierung, und ausländische Kriegsschiffe patrouillieren in Somalias Gewässern zur Abwehr somalischer Piraten.

Und jetzt will das Ausland auch in Somalia selbst Institutionen gegen Piraterie aufbauen. Ganz abgesehen davon, dass ausländische Hilfe einen erheblichen Teil der hungernden somalischen Bevölkerung am Leben hält.

Niemand mag offiziell zugeben, dass in Somalia interveniert wird. Man gewährt, so die offizielle Sprachregelung, lediglich einer legitimen Regierung Unterstützung, damit sie irgendwann regieren kann. Bis es so weit ist, regiert halt niemand.

Bild: taz
Dominic Johnson

ist Afrika-Redakteur der taz.

Dort, wo es tatsächlich eine somalische Regierung gibt, nämlich im vor zwanzig Jahren abgespaltenen Somaliland am Golf von Aden, spricht man ihr die Legitimität ab und verlangt, sie habe sich dem nicht existierenden gesamtsomalischen Staatswesen unterzuordnen, das gleichzeitig gegen Piraten und Islamisten immer hilfloser dazustehen scheint. Es ist eine in ihrer Absurdität und Unbewusstheit perfekte Strategie des "Teile und herrsche", die dafür sorgt, dass in Somalia niemals Stabilität einkehren kann.

Es ist Zeit, damit aufzuhören und richtig zu intervenieren. Wann ist Europa endlich ehrlich und sagt: Wir besetzen Somalia? Dann endlich könnte sich ein antikolonialer Widerstand formieren, der keinen Bezug auf radikalen Islam mehr nötig hat, um Somalia zusammenzuschmieden, sondern aus neuem Nationalbewusstsein eine neue Nation entstehen lässt.

Die Somalis brauchen einen richtigen Feind, um sich zusammenzuraufen. Warum sollte sich Europa zu schade dafür sein, dabei den Dummen zu spielen? Vor hundert Jahren ging das doch auch.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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6 Kommentare

 / 
  • K
    Katharina

    Offenabr bin ich die einzige die entsetzt darüber ist,mit welcher Leichtigkeit Dominic Johnson eine Besetzung Somalias durch Europa fordert. Und das mit der haarsträubenden Begründung, "die Somalis" bräuchten einen richtigen Feind, um sich "zusammenzuraufen". Offensichtlich denkt der Autor immer noch auf einer Ebene, auf der Menschen in anderen Ländern Europa "brauchen" um sich zu zivilisieren. Um das Ganze etwas weniger rassistisch dastehen zu lassen, wird dann so getan, als erweise man Somalia mit einer "richtigen" Intervention einen großen Dienst, ohne den niemals Ordnung in ihrem Land einkehren kann! Der Bezug auf den Kolonialismus und die Darstellung Europas als "der Dumme", der sich dafür nicht zu schade war und ist, ist unfassbar! Das riesige Verbrechen Kolonialismus hat ganz sicher nichts mit Dummheit zu tun, sondern war getrieben von Eigeninteressen, Gier und menschenverachtenden, rassistischen Denkweisen!

    Mit diesem Kommentar offenbart der Autor ein im Kolonialismus stehen gebliebenes Denken und eine Unsensibilität in Bezug auf die Lage in manchen afrikanischen Ländern, die schockierend ist!

     

    Und was ebenso schockierend ist, ist dass kein anderer Kommentator hier ein Problem mit dem Kolonialismus-Vergleich und dem Ausdruck "Europa als der Dumme" zu haben scheint.

  • I
    ion

    @ isomatte

     

    Sofern es Ihnen, "isomatte", nicht klar geworden sein sollte, "was" der "Kommentar" des Herrn D.J. "mit politischem Sendungsbewußtsein zu tun hat", lesen sie doch einfach:

    1.: in Wikipedia unter: "Sendungsbewusstsein" nach, und untersuchen daraufhin,

    2.: den betreffenden Artikel;

    Und im Weiteren werden Sie sich bitte darüber im Klaren, dass, sofern der "Kommentar" keine 'Satire' sein sollte, jener zur Gewalt aufruft, was nicht nur in D ein Strafrechtsbestand (§ 111 Öffentliche Aufforderung zu Straftaten) ist; "seine Meinung" (öffentlich) zum Besten zu geben, befreit niemanden - und insbesondere nicht Journalisten - davon, geltendes Recht einzuhalten.

    Wie Ihnen eventl. nicht entgangen ist, hat in 2011 ein Gericht in GB gegen zwei junge Männer eine vier-jährige Haftstrafe verhängt, die via Facebook zu Krawallen und Plünderein aufgerufen haben; Und Kolonialismus ist kaum etwas anderes - Herr D.J. schreibt: "Dann endlich könnte sich ein antikolonialer Widerstand formieren, (....)".

    Sofern Sie etwas "aber wirklich immer wieder "ankotzt"", lassen Sie sich freien Lauf - nur: ich habe das von Ihnen Bezug genommene nicht als "Argument" dafür benutzt, um, wie Sie unterstellen, "zu bekräftigen, dass es hier nie zu Frieden und funktionierenden Gesellschaftssystemen kommen kann ohne die kräftige Intervension der westlichen Industriemächte."; das wäre ja gerade meine Kritik an dem "Kommentar", der gerade derlei auch kolportiert. Alles klar?

    Falls Sie die vom Autor negierte "Hungersnot" definitv für ein Klischee halten, geben Sie sich doch bitte einfach weiter die Kugel, Sie wissen schon welche, bis .... .

  • D
    Dirk

    Von all dem wirren taz-Gewäsch, das man Tag um Tag so lesen muss, so ziemlich das wirrste. Gibt es wirklich jemanden, der für diese Dummschwätzer auch nur einen Cent ausgibt? Hoffe dennoch, die taz geht niemals Pleite, was sorgt denn sonst für meine tägliche Erheiterung?

  • W
    Webmarxist

    Die Menschen am Horn von Afrika hungern und die EU hat nichts besseres zu tun als ihre Atalanta-Mission auf das somalische Festland auszuweiten. Bei jeden militärischen Einsatz sterben Menschen und jeder ist einer zu viel. Die EU sollte lieber die Hungersnot dort mitbekämpfen, anstatt die Piraten.

  • I
    isomatte

    ion:

     

    Was hat es mit "politischem Sendungsbewußsein" zu tun, wenn Herr Johnson hier ganz einfach seine persönliche Einschätzung der Lage in einem Kommentar zum Besten gibt? Darf er als Journalist nun nicht mehr eine persönliche Meinung äußern, die ja als solche gekennzeichnet ist? (In einer Debatte gibt man normalerweise doch seiner persönlichen Meinung Ausdruck die man sich durch eigene Eindrücke, Erfahrung, Information etc. gebildet hat?)

     

    Was mich aber wirklich immer wieder "ankotzt" ist dieses Argument "verschiedener, untereinander verfeindeter Stämme & Clans", das gerade wenns um afrikanische Staaten geht, immer wieder gebraucht wird um zu bekräftigen, dass es hier nie zu Frieden und funktionierenden Gesellschaftssystemen kommen kann ohne die kräftige Intervension der westlichen Industriemächte. Das Argument ist doch nun wirklich genauso alt wie die Kolonisation des afrikanischen Kontinents. Ja, und natürlich "die Überlebenden der aktuellen Hungersnot". Klischeehafter gehts ja wohl kaum.

     

    Vielleicht sollten wir uns tatsächlich mal in Erinnerung rufen, dass auch "wir" Deutschen und Europäer sehr lange gebraucht haben, uns zusammenzuraufen und zu Nationen zusammen zu finden. Und wir hatten immerhin das Glück, dass nicht eine übergeordnete Macht uns zuvor in irgendwelche Willkürlich gezogenen Landesgrenzen gezwungen hat.

  • I
    ion

    Sehr geehrter Herr Johnson,

     

    • • • — — — • • • (SOS),

    Ich glaub 's nicht!

    In einem Interview vor Jahren (http://www.unischaft.gmxhome.de/archiv/0404/print/22.html) antworteten Sie auf die Frage, ob Sie im Zuge Ihrer journalistischen Tätigkeit Sendungsbewusstsein hätten, resp., ob Sie Wissen mit normativem Ziel dahinter vermitteln:

    "D.J.: (amüsiert) Das wäre ja ein bisschen anmaßend von mir, wenn ich denken würde, ich könnte sonst wen sonst wie zu sonst was bewegen.".

    Und jetzt DAS!

    "Die Somalis", die 'es' - wie Sie wissen sollten - so(!) nicht gibt, sind sich seit ("hundert"?) Jahren untereinder selbst Feind genug; Sie glauben nicht ernsthaft, dass, wenn Sie(!) dort als Kolonialist (mit Sendungsbewusstsein, also dem Papst im Schlepptau(?)) den "richtigen Feind" geben, sich die Überlebenden der aktuellen Hungersnot verschiedener, untereinander verfeindeter Stämme & Clans sich zum "antikolonialen Widerstand formieren" und regierungsbildenenden Smalltalk "zusammenraufen", oder etwa doch?!

    Hat Sie irgendein (afrikanischer) Virus erwischt?