Kommentar Junckers EU-Kommission: Ohne Akzente
Bald-Kommissionschef Juncker will mit seinem neuen „Dreamteam“ die EU aus der Krise manövrieren. Doch dafür fehlt ihm der Mut.
D as Ende der EU-Krise naht. Mit seinem „Dreamteam“ aus 27 hochkarätigen Kommissaren will Kommissionschef Juncker „die letzte Chance“ ergreifen und die EU wieder effizienter, politischer und auch ein wenig sozialer machen. Das war jedenfalls die Botschaft, mit der der Luxemburger in Straßburg für seine neue Mannschaft warb.
Überzeugend klingt sie nicht. Denn Junckers Kandidaten, die das Europaparlament in einem demokratisch fragwürdigen Eilverfahren mit einer großkoalitionären Mehrheit bestätigt hat, konnten bei den Anhörungen der letzten Wochen nicht überzeugen. Fast die Hälfte des „Dreamteams“ hatte mehr oder weniger große Aussetzer.
Junckers Kommissare konnten weder erklären, wie das 300 Milliarden Euro schwere Investitionsprogramm finanziert werden soll, mit dem ihr neuer Chef das Wachstum ankurbeln will, noch konnten sie den Verdacht schwerer Interessenkonflikte ausräumen. Vor allem der Brite Hill, der Spanier Cañete und der Ungar Navracsics bleiben suspekt.
Auch Juncker bleibt Erklärungen schuldig. Wie steht er denn nun wirklich zum Austeritätskurs, den Kanzlerin Merkel der gesamten EU verordnet hat? Wird er sich tatsächlich gegen Sondergerichte für Großkonzerne aussprechen, wie sie im Freihandelsabkommen mit den USA geplant sind? Seine Antrittsrede ließ viele Fragen offen. Dabei erwarten die Bürger Antworten, und zwar schnell.
Noch-Kommissionschef Barroso hat Europa in die tiefste Krise seiner Geschichte geführt; manche vergleichen sie schon mit der großen Depression der 1930er Jahre. Um diese Krise zu überwinden, müsste Juncker klare Zeichen setzen und entschieden mit Barrosos Politik brechen. Doch dazu fehlt ihm bisher der Mut. Seine Antrittsrede ließ neue Akzente vermissen, sein Team strahlt keine „Yes, we can“-Energie aus. Aber das kann sich bis zum Amtsbeginn am 1. November ja noch ändern. Es ist auch Junckers letzte Chance.
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