Kommentar Jemen: Keine Demokratie mit den Saudis
Ein Garant für eine demokratische Entwicklung war Saudi-Arabien noch nie. Es gibt gute Gründe für die AktivistInnen im Jemen, deshalb wachsam zu bleiben.
E s ist dem Starrsinn des jemenitischen Noch-Präsidenten Ali Abdullah Saleh zu verdanken, dass er jetzt in einem Militärkrankenhaus in der saudischen Hauptstadt Riad liegt. Seine beiden Frauen und einige seiner Kinder hat er gleich mitgebracht. Das war vorausschauend.
Nachdem er sich mehrfach geweigert hatte, seine Unterschrift unter die Vereinbarung eines Machtwechsels zu setzen, und damit fast einen Bürgerkrieg auslöste, sind seine Tage im Präsidentenpalast von Sanaa möglicherweise vorbei.
Es war gerade Saudi-Arabien, das versucht hatte, Saleh zu einem Rücktritt zu bewegen. Die Regierung in Riad hat im Jemen, das eine lange Grenze zu Saudi-Arabien aufweist, ein vorrangiges Interesse: Stabilität in einem Land, das in den vergangenen Jahrzehnten alles andere als stabil war.
BEATE SEEL ist Nahost-Expertin im Auslands-Ressort der taz.
In Zeiten, in denen das Königreich vom Aufruhr in arabischen Ländern geradezu eingekreist ist und sogar Truppen nach Bahrain zur Niederschlagung der Volkserhebung geschickt hat, sind die Herrscher in Riad offenbar zu dem Ergebnis gekommen, dass Saleh eher ein Hindernis als ein Garant für stabile Verhältnisse ist.
In diesem Fall wird der Herrscherfamilie daran gelegen sein, dass im Jemen ein "geordneter Übergang" zustande kommt, eine Formulierung, die etwa in Ägypten zum Ziel hatte, möglichst viel vom alten Regime in die neue Zeit hinüberzuretten. Dass AktivistInnen, die in Sanaa oder Tais auf zentralen Plätzen gezeltet haben, an die Macht kommen, gehört nicht dazu.
Die Herrscherfamilie wird sich vielmehr dafür einsetzen, aus den Überresten des alten Regimes sowie einigen hochrangigen Überläufern zur Opposition eine Regierung zu basteln, die vielleicht über eine etwas breitere Basis verfügt und damit die Opposition spaltet, aber nicht die Ambition oder die Möglichkeit hat, einen wirklichen Wechsel einzuleiten.
Garant für eine demokratische Entwicklung war Saudi-Arabien schließlich noch nie. Gute Gründe für die AktivistInnen, wachsam zu bleiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!