Kommentar Israels Regierungskoalition: Netanjahus Fehlentscheidung
Die neue Regierung unter Benjamin Netanjahu ist arg auf Kante genäht. Auf rechte Kante. Ein Durchregieren wird es so allerdings nicht geben.
S o hatte es sich Benjamin Netanjahu nicht vorgestellt, als er Ende letzten Jahres Finanzminister Jair Lapid und Justizministerin Zipi Livni den Vorwurf machte, gegen ihn zu intrigieren. Weil sie seine Reform, Israel als jüdischen Staat im Grundrecht zu verankern, nicht mittragen wollten, setzte der Regierungschef die beiden kurzerhand vor die Tür und begann von einer stabilen Koalition mit treuen Partnern zu träumen.
Netanjahus deutlicher Sieg für seinen Likud und die Mehrheitsverhältnisse im Parlament versprachen die Koalitionsverhandlungen zu einer seiner leichteren Übungen werden zu lassen. Mit der überraschenden Kehrtwende des scheidenden Außenministers Avigdor Lieberman trübt sich das Bild. Die Koalition sei ihm „nicht nationalistisch genug“, rechtfertigte sich Lieberman. Nie war Israels Regierung nationalistischer als heute.
Dass Netanjahu vorgezogene Neuwahlen provozierte, entlarvt sich spätestens jetzt als missliche Fehlentscheidung. Die Koalition ist praktisch regierungsunfähig. Jeder einzelne der vier Partner ist Zünglein an der Waage. Wie erpressbar Netanjahu dadurch wird, deutete sich schon während der Koalitionsverhandlungen an.
Die Koalition ist sich in außenpolitischen Fragen einig. Keine der Fraktionen strebt Friedensverhandlungen mit den Palästinensern an. Stattdessen werden mehr neue Häuser für israelische Siedler in den noch besetzten Gebieten gebaut werden. Die einen drängen auf die Neubauten, um politische Tatsachen zu schaffen, die anderen, weil sie ihren Wählern billigen Wohnraum versprochen haben.
Dass die Partner hingegen innenpolitisch an recht verschiedenen Strängen ziehen, dürfte Netanjahu spätestens bei der Haushaltsdebatte zum Verhängnis werden. Es allen Recht zu machen, wird ihm kaum gelingen. Ob die Koalition einige Wochen, Monate oder sogar ein bis zwei Jahre hält, spielt keine Rolle. An den heutigen Mehrheitsverhältnissen wird auch eine erneute Wahl nichts ändern.
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