Kommentar Island gegen EU-Beitritt: Ein Korb für die Union
Islands Rücknahme des EU-Beitrittsgesuchs überrascht nicht wirklich. Brüssel hat weniger verhandelt als vielmehr die Insel erpresst.
berraschend kommt es nicht, dass Island seinen EU-Beitrittsantrag nun auch formal zurückzieht. Das zeichnete sich ab, nachdem die Regierung im vergangenen Jahr einen Stopp für alle weiteren Verhandlungen erklärt hatte. Fraglich war nur, ob der endgültige Schlussstrich mit einer Parlamentsentscheidung oder einem Referendum gezogen werden sollte.
Angesichts einer klaren Anti-EU-Mehrheit in der Bevölkerung ist die Entscheidung Reykjavíks nachvollziehbar. Doch wie kam es zu diesem Umschwung, nachdem es die IsländerInnen vor fünf Jahren angesichts des Crashs ihrer Banken gar nicht eilig genug zu haben schienen, der EU beizutreten und den Euro zu übernehmen? Die seitherige Erholung der Wirtschaft und der Staatsfinanzen ist ein Teil der Antwort. Entscheidender war, dass in den Augen vieler IsländerInnen die EU mit ihrem Land auf eine Weise umgesprungen ist, wie man das mit einem Staat, den man gern in der Union haben möchte, nicht tun sollte. Da ist nicht nur der aktuelle Streit über Heringfangquoten, bei dem Brüssel weniger verhandelt als erpresst.
In Island wirkt vor allem die „Icesave“-Erfahrung nach. Kein Land hatte es gewagt, aus der gemeinsamen EU-Front gegenüber Island auszuscheren, was die Forderungen Großbritanniens und der Niederlande anging, private Bankschulden zu vergesellschaften mit der drohenden Konsequenz, die isländische Staatskasse hoffnungslos zu verschulden.
Island mag für die EU auf den ersten Blick keine große Rolle spielen. Wäre da nicht die „arktische Dimension“. Mit Island hätte Brüssel eine kleine Zehe in der sowohl aus strategischen Gründen wie wegen ihrer Naturressourcen interessanten Arktis gehabt. Diese Chance, in einer Region mitreden zu können, in der bislang vor allem die USA, Russland und Kanada das Sagen haben, hat die EU verspielt.
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