Kommentar Islamkonferenz: Am Problem vorbei
Durch die rückwärtsgewandte Fokussierung auf Religion werden Muslime schwieriger integriert.
D ie Islamkonferenz hat zugewanderte und deutsche Eliten zusammengebracht. Man hat sich öffentlich wahrgenommen, Vorbehalte und Ängste abgebaut. Man bemüht sich. Dies schon als Erfolg zu werten, ist allerdings Selbstbeweihräucherung. Denn die wirklichen Integrationsprobleme der Mehrheit der Migranten aus muslimischen Kulturen wurden damit nicht im Geringsten angegangen. Bildungsdefizit und Arbeitslosigkeit werden auch nicht durch die Einführung eines muslimischen Religionsunterricht an der Schule gelöst werden. Im Gegenteil. Durch die rückwärtsgewandte Fokussierung auf Religion werden Muslime schwieriger integriert, denn sie werden als solche identifiziert, während der Rest der Bürger durch ihre Staatsangehörigkeit definiert wird.
Ob jemand Muslim ist oder Christ, sollte irrelevant sein. Der Staat muss den Einzelnen als Bürger erreichen, auch und gerade was seine Gleichstellung betrifft. Es ist kontraproduktiv einen muslimischen Großverband zu etablieren, mit dem der Staat als Repräsentant der hier lebenden, zersplitterten Muslime verhandeln könnte, um diese als Religionsgemeinschaft der christlichen gleichzustellen.
Wer glaubt eigentlich, dass ein neuer Altherrenverband Fortschritte für das Zusammenleben bringen könnte? So würde nur ein neuer Klerus etabliert, der über Schwimmunterricht der Mädchen und Sex vor der Ehe richten soll. Muslime haben keine Kirche. Das macht ihre Religion fortschrittlich. Der Glaube verwirklicht sich im Zwiegespräch mit Gott. Die Auslegung der Regeln sollte keiner wie immer gearteten religiösen Instanz überlassen werden. Das hat überall nur Elend gebracht. Und Gespräche mit Migranten und ihren Organisationen sollten sich endlich mit drängenden Anliegen wie Bildung und Berufsperspektiven beschäftigen, statt die Verfasstheit ihrer Religion zum Dreh- und Angelpunkt zu machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann