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Kommentar Islamisten in MaliMali ist Symptom

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Mali droht nach dem Tuareg-Aufstand, dem Putsch und dem Einrücken radikaler Islamisten der Zerfall. Das wirft ein Licht auch auf den Realitätssinn westlicher Politik.

D ie Krise in Mali ist viel mehr als eine Krise in Mali. Erst war es bloß ein Aufstand bewaffneter Tuareg gegen die Zentralmacht in Bamako. Jetzt sind die radikalen Islamisten der „al-Qaida im Islamischen Maghreb“ eingerückt. Ein ganzes Jahrzehnt westlicher Eindämmungspolitik des bewaffneten Islamismus in der Sahara-Sahel-Region steht vor dem Scheitern.

Das ist eine direkte Folge der nordafrikanischen Revolutionen des Jahres 2011. Der Libyenkrieg und der Sturz des Gaddafi-Regimes setzten gigantische Waffenarsenale frei, an denen sich die bewaffneten Gruppen der Region bedienen können.

Die Demokratisierung von Tunesien und Ägypten hat darüber hinaus das politische Wiedererwachen des radikalen Salafismus, abgegrenzt vom traditionellen Islamismus, sichtbar gemacht. Beide Entwicklungen strahlen in den gesamten muslimischen Teil Afrikas aus, wo die Unzufriedenheit der Menschen groß und die Handlungsfähigkeit der Staaten gering ist.

Bild: taz

ist Ko-Leiter des Auslandsressorts der taz und zuständig für die Afrika-Berichterstattung.

Dass ausgerechnet in Mali, Lieblingspartner der internationalen Gemeinschaft in Westafrika, jetzt der komplette Zerfall droht, wirft ein Licht auf den Realitätssinn europäischer und US-amerikanischer Politik in der Sahelregion.

Würde die Welt die Bedrohung durch herrenlose Waffenarsenale und militante Islamisten in Mali ernst nehmen, müsste sie dagegen etwas tun. Doch sie verhängt scharfe Sanktionen gegen junge Militärs, die aus Wut über den Zerfall des Landes in der Hauptstadt geputscht haben, und isoliert damit ihren einzigen potenziellen Verbündeten.

Jetzt muss erst mal der malische Flächenbrand gelöscht und eine Neuordnung des Staates angegangen werden. Jenseits dessen aber darf die Welt nicht mehr Zuschauer bleiben, wenn es um die Vollendung der demokratischen Neuordnung Nordafrikas geht. Die arabischen Revolutionen strahlen weit über die jeweiligen Landesgrenzen hinaus. Der Sturm in der Sahara beweist es.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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3 Kommentare

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  • DP
    Daniel Preissler

    Die Formulierungen des Kommentars von "Nanina" zeigen deutlich, dass er/sie nur so tut, als habe er/sie hoffnungsvoll die arabischen Revolutionen verfolt. In Wirklichkeit stand bereits am Anfang die Angst, das Feindbild "Islam" (verbunden und verwischt mit "den Arabern") aufgeben zu müssen.

    Auch die geschlagene Brücke zwischen Arabischem Frühling und Multikulti-Kritik zeigt, dass hier schlicht Rassismus vorliegt.

     

    Danke an Herrn Johnson für die Berichterstattung.

  • N
    nanina

    Der "Arabische Frühling", der so hoffnungsvoll begonnen hatte wandelt sich immer mehr zum Albtraum einer humanistischen Gesellschaft.

    Wenn wir glauben, dass wir im Resteuropa nicht davon berührt werden, dann werden wir eines Tages noch böse Überraschungen erleben.

    Aber noch geht es uns ja gut, worüber also aufregen? Weiter mit Multikulti und grenzenloser Toleranz intoleranten religiösen Praktiken gegenüber.

    Es wird alles gut.

  • WS
    wolfgang stein

    Natürlich ist die europäische Politik dagescheitert.

    Wir sollten die Entwicklungshilfe für diesen Teil

    Afrikas beenden und mit den dann frei werden Geldern

    endlich mal Frotex zu einem schlagkräftigen Instrument

    europäischer Interressen ausbauen.