Kommentar Iran will Steinigung abschaffen: Ein Gottesstaat kommt zur Vernunft

Die Abschaffung von Steinigung und Handabhacken ist das Verdienst der Zivilgesellschaft. Statt den Atomkonflikt anzuheizen sollte diese vom Ausland mehr gestützt werden.

Es geht also doch. Druck kann das Regime in Teheran zu Zugeständnissen zwingen. Dass es die Steinigung und das Handabhacken bei Diebstählen abschaffen will, ist ein bemerkenswerter Schritt. Zwar handelt es sich erst einmal um eine Gesetzesvorlage, die die Justiz dem Parlament eingereicht hat. Es gilt aber als sicher, dass sowohl das Parlament als auch der mächtige, konservative Wächterrat, ohne dessen Zustimmung kein Gesetz in Kraft treten kann, die Vorlage beschließen werden.

Seit der Gründung des islamischen Gottesstaats und der Islamisierung der Gesetzgebung wurde die Steinigung als Strafe für Ehebrecher, Prostituierte, Vergewaltiger und Homosexuelle praktiziert. Warum diese Praxis gerade jetzt enden soll, hat viele Gründe. Zuerst ist es ein Erfolg für die iranische Zivilgesellschaft, die sich seit vielen Jahren dafür eingesetzt hat. Druck gab es auch aus dem Ausland, von vielen Menschenrechtsorganisationen, Regierungen und Parlamenten. Er hat zu einem Sinneswandel im islamischen Lager und in Kreisen der Konservativen im Iran geführt.

In diesen Kreisen sind immer mehr Menschen- darunter viele Geistliche - zu der Erkenntnis gelangt, dass der konservative, rückwärtsgerichtete Islam nicht mehr in der Lage ist, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, und dass Reformen erforderlich sind - auch, um den islamischen Staat zu erhalten.

Wer sich mit dem Iran beschäftigt, muss diese Entwicklung kennen und die Vielfalt der iranischen Gesellschaft deshalb mit einem differenzierten Blick betrachten. Und wer im Iran Veränderungen in Richtung Demokratie herbeiführen möchte, sollte wissen, dass man mit Gewalt von außen nichts erreichen kann. Würde man, statt den Atomkonflikt anzuheizen, mehr Druck auf den Iran wegen dessen permanenter Verletzung der Menschenrechte ausüben, dann hätte man Millionen Verbündete im Land, die den Prozess der Demokratie im eigenen Land vorantreiben wollen. Bomben und Sanktionen hingegen spalten die Zivilgesellschaft - und stärken nur die radikalen Fundamentalisten. BAHMAN NIRUMAND

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.