Kommentar Irakische Machtkämpfe: Am Rande des Bürgerkrieges
Der Waffenstillstand des Schiitenpredigers Moktada Sadr steht vor dem Ende. Seine Todesschwadronen haben das Land schon einmal fast in den Bürgerkrieg gestürzt.
Die Gewalt ist im Irak zurückgegangen - doch diese relative Erfolgstory gerät nun ernsthaft in Gefahr. Drei Faktoren sind für die begrenzte Befriedung des Irak verantwortlich. Erstens wurde die US-Armee um 20.000 Soldaten aufgestockt. Zweitens wurden sunnitische Stammesmilizen gegen al-Qaida geschaffen. Drittens rief der Schiitenprediger Moktada Sadr vor sieben Monaten einen Waffenstillstand aus, wonach sich seine Mahdi-Armee zurückhielt.
Mit den Kämpfen in Basra und anderen Teilen des Landes steht der Waffenstillstand nun vor dem Kollaps. De facto ist die Operation der regulären Armee, den Süden des Landes unter Kontrolle zu bringen, gegen die Mahdi-Milizen gerichtet. Noch hält Sadr an seinem Waffenstillstand fest, aber er hat bereits zu einer Kampagne des landesweiten zivilen Ungehorsams aufgerufen.
Premier Nuri al-Maliki argumentiert, dass Basra, die Lebensader des Ölexportes, nicht von der Regierung, sondern von der Mahdi-Armee kontrolliert wird. Die Beschreibung eines irakischen Geschäftsmannes sagt alles: Ein Container aus dem Hafen von Basra kostete ihn 500 Dollar Transportkosten und 3.000 Dollar Bestechungsgelder.
Dabei ist der Konflikt, der jetzt in großem Stile auszubrechen droht, nicht nur einer zwischen Regierung und der Mahdi-Armee. Es ist ein innerschiitischer Machtkampf zwischen dem immer stärker werdenden Sadr-Block und den staatlichen Institutionen, die von anderen schiitischen Parteien und Milizen unterwandert sind. Der irakische Staat ist alles andere als ein unparteiischer Spieler in diesem Machtkampf.
Dabei ist es nicht sicher, ob die Regierung diesen Machtkampf für sich gewinnen kann. Bis letzten Sommer hatten die Todesschwadronen der Mahdi-Armee das Land schon einmal an den Rand eines Bürgerkrieges gebracht. Die amerikanische und die britische Armee waren nur noch mit ihrer eigenen Sicherheit beschäftigt. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sie heute in einer ähnlichen Situation erneut etwas anderes wären als mesopotamische Zaungäste.
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