Kommentar Invasion in Gazastreifen: Operation mit begrenztem Sinn
Der Einmarsch der israelischen Armee in Gaza ist nur sinnvoll, wenn parallel auch politische Lösungen vorangetrieben werden.
A uf den ersten Blick mag der Einmarsch in Gaza völlig überflüssig erscheinen: Drei Mal lieferten sich die Hamas und Israel in den vergangenen sechs Jahren bereits Kriege. Immer härter schlug Israel zu, nur um im nächsten Waffengang gegen Raketen mit einer noch größeren Reichweite angehen zu müssen. War zuerst die Umgebung Gazas bedroht, reichten die Geschosse der Islamisten 2012 bereits bis kurz vor Tel Aviv, und decken nun das ganze Land ab.
Israels Bestreben, der Hamas durch harte Angriffe klarzumachen, dass der Raketenbeschuss sich nicht lohnt, ist wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt. Die Hamas hat wenig zu verlieren. Solange sie bereit ist, „bis zum letzten Blutstropfen “ zu kämpfen, kann sie an einem Waffengang aus ihrer Sicht nur gewinnen: Die Reihen geeint, die Welt gegen Israel aufgebracht, der eigene Mut bewiesen.
Dennoch macht ein begrenzter Einmarsch Sinn: Nach gut einem Jahrzehnt fast täglichem Dauerbeschuss mit palästinensischen Raketen hat der israelische Staat die Pflicht, seine Bürger zu schützen, auch indem er die Arsenale der Islamisten dezimiert. Die vergangenen Tage zeigten zudem, dass die vielen Terrorstollen, die die Kämpfer der Hamas in israelisches Gebiet trieben, zu einer strategischen Bedrohung geworden sind.
Doch am wichtigsten ist der politische Wandel: Die Hamas konnte nach jedem Waffengang nur aufrüsten, weil die Schmugglerroute im Sinai offen war. Das ist nicht mehr der Fall. Kairo hat den Sinai für die Islamisten dicht gemacht. Sie werden Jahre brauchen, um sich wieder so auszustatten wie vor Beginn der letzten Eskalation. So könnte ein begrenzter Einmarsch Israel einen längeren Waffenstillstand gewähren als frühere Operationen. Was aber nur wirklich Sinn macht, wenn dieses Zeitfenster genutzt wird politische Lösungen voranzutreiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen