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Kommentar Integrationsministerin ÖneyDas Integrationsproblem der SPD

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Der Integrationsministerin in BaWü, Bilkay Öney, ist ein Kunststück gelungen. Sie konnte alle Vorbehalte gegen sich und ihr Amt nicht nur bestätigen, sondern auch übertreffen.

A ls sie ihr Amt antrat unkten manche, sie bringe dafür an Qualifikation nicht viel mehr als ihren Migrationshintergrund mit. Denn in ihrer Heimatstadt Berlin war die Lokalpolitikerin bis dahin nicht durch besondere politische Vorhaben aufgefallen. Auch fragten sich viele, wozu Baden-Württemberg überhaupt ein Integrationsministerium brauche, denn Gewicht hat es wenig.

Bilkay Öney ist nun das Kunststück gelungen, alle Vorbehalte gegen sich und ihr Amt nicht nur zu bestätigen, sondern die schlimmsten Befürchtungen ihrer Kritiker sogar noch zu übertreffen. In der Welt am Sonntag redete sich die Ministerin jetzt um Kopf und Kragen.

Kleine Kostpobe: Eine Migrantenquote in der SPD, wie sie Parteichef Sigmar Gabriel vorschwebt, hält sie für überflüssig, ein eigenes Ministerium für Integration eigentlich auch.

Bild: taz
DANIEL BAX

ist Meinungsredakteur der taz.

Fragt sich, warum Bilkay Öney ihr Amt dann überhaupt angetreten hat, zumal es ihr offensichtlich an politischem Programm mangelt: Am Kopftuchverbot für Lehrerinnen in ihrem Bundesland will sie jedenfalls nicht rühren, das kommunale Wahlrecht auch nicht auf Ausländer aus Nicht-EU-Staaten ausdehnen.

Statt dessen bedient sie Vorurteile: zu viele Türken würden hierzulande für "Unruhe" sorgen, weshalb die Visumspflicht für Reisende aus der Türkei richtig sei. Eine Integrationsministerin hatte man sich irgendwie anders vorgestellt.

Während Migrantenverbände fassungslos auf diesen Offenbarungseid der Ministerin reagieren, freut sich die CDU-Opposition über die Steilvorlage. Der Ärger um Bilkay Öney offenbart einmal mehr die Malaise die SPD beim Thema Integration. Mit ihrer Berufung hoffte die Partei, sich nach dem Debakel mit Sarrazin wieder ins rechte migrationspolitische Licht zu rücken. Nun zeigt sich, wie schnell es sich rächt, wenn man statt auf Sachfragen auf reine Symbolpolitik setzt.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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