Kommentar Integrationsgesetz: Nur ein weiteres Asylpaket
Die Koalition hat den Entwurf für ein Integrationsgesetz vorgelegt. Statt Integration zu fördern, werden strengere Auflagen für Flüchtlinge vorgestellt.
F ür Flüchtlinge ist es egal, ob die AfD schon im Bundestag sitzt. Denn über die CSU und Teile der CDU regiert sie in Berlin jetzt schon mit. Die Angst vor den Rechtspopulisten führte auch teilweise die Feder bei dem so genannten „Integrationsgesetz“, das die Bundesregierung jetzt vorgelegt hat. Dem Maßnahmenkatalog ist diese Furcht anzumerken.
Erstmals seit November traten Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel am Donnerstagmittag wieder vor die Presse. Der demonstrative Schulterschluss der Parteichefs soll suggerieren, dass der Koalitionskrach beigelegt und man sich grundsätzlich einig sei. Dabei greift man auf die bewährte „Good cop, bad cop“-Arbeitsteilung zurück, nach der der CDU-Innenminister die Folterinstrumente vorzeigt, und sich die SPD-Arbeitsministerin für die Wohltaten verantwortlich darstellt.
Das geplante „Integrationsgesetz“, das in Wirklichkeit nur ein weiteres Asylpaket ist, sieht strenge Auflagen für anerkannte Flüchtlinge vor, was ihre Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen und ihren Wohnsitz betrifft. Wer sich nicht daran hält, soll empfindlich bestraft werden – dieser Punkt ist noch umstritten. Einen dauerhaften Aufenthalt sollen anerkannte Flüchtlinge nur erhalten, wenn sie sich an alle Auflagen halten und Sprachkenntnisse, Arbeit oder Ausbildungsplatz nachweisen können. Auf ein verpflichtendes Werte-Bekenntnis, dass die CSU ursprünglich gefordert hatte, hat die Koalition jedoch verzichtet.
Die SPD hat durchgesetzt, dass Flüchtlinge leichter eine Ausbildung machen und schneller an Integrationskursen teilnehmen können. Die Vorrangprüfung wird für eine Probezeit von drei Jahren ausgesetzt und bestehende Hürden bei der Leiharbeit sollen beseitigt werden. Aus Bundesmitteln sollen außerdem 100.000 neue Jobs geschaffen werden, um Flüchlinge auch mit „Ein-Euro-Jobs“ zu beschäftigen.
Aus Fehlern lernen
Es bleibt das Problem, dass nicht genug Integrations- und Sprachkurse angeboten werden, um die Nachfrage zu stillen, und dass sie nicht allen offen stehen. Solange ihr Asylverfahren nicht abgeschlossen ist, dürfen afghanische oder somalische Flüchtlinge zum Beispiel gar nicht daran teilnehmen und müssen monatelang warten.
Statt sich immer neue Sanktionen auszudenken, um angebliche „Integrationsverweigerer“ in die Pflicht zu nehmen, sollte die Bundesregierung lieber mehr Angebote schaffen, um die Integration zu erleichtern. Sonst bleibt die Behauptung, man habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, eine hohle Phrase. Denn es war die jahrelange Verweigerung eines sicheren Aufenthaltstitels, der Möglichkeit, Deutsch zu lernen und einer geregelten Arbeit nachzugehen, die zu jenen Desintegrationserscheinungen früheren Flüchtlingen geführt haben, die heute beklagt wird. Auch das neue „Integrationsgesetz“ könnte am Ende eher die Integration erschweren.
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