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Kommentar IntegrationsdebattePünktchen für mehr Akzeptanz

Lukas Wallraff
Kommentar von Lukas Wallraff

Auch wenn der Muslimbeschimpfungswettbewerb noch eine Weile weitergehen dürfte: Die Lautesten müssen am Ende nicht die Sieger sein. Wenn genug Leute dagegenhalten.

M ultikulti ist tot, Muslime sind schlimm, und noch mehr Zuwanderung hat keinen Sinn: Kaum ein Tag vergeht ohne diese und ähnliche Politikersprüche. Wenn man die aktuelle Integrationsdebatte verfolgt, fällt es schwer, optimistisch auf die Kraft der Aufklärung zu setzen. Aber es geht. Es gibt Grund zur Hoffnung. Sarrazin hin, Seehofer her: Die destruktiven Stimmungsmacher haben noch nicht gewonnen.

Auch wenn der unsägliche Muslimbeschimpfungswettbewerb noch eine Weile weitergehen dürfte: Die Lautesten müssen am Ende nicht die Sieger sein. Wenn genug Leute dagegenhalten. Und die gibt es. Auch in der Union. Da ist einmal der Realo im Schloss Bellevue. Auf die programmatische Ansage des neuen Bundespräsidenten, wonach der Islam in Deutschland dazugehört, folgte nicht nur ein Proteststurm vom rechten Flügel. Auch die Modernisierer aus der Regierungsmannschaft von Angela Merkel haben reagiert - und zwar so, wie es ihre Art ist: eher leise und pragmatisch. So wie Bildungsministerin Schavan, die jetzt die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse verspricht. Gut so. Viel zu lange hat man bestens qualifizierte Migranten Taxi fahren lassen oder unnötigerweise in die Sozialhilfe getrieben. Diese Verschwendung von Talenten zu beenden ist ein Fortschritt, der zum Abbau von Vorurteilen beiträgt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Ein bisschen Hoffnung macht auch der Vorstoß der Jungen Union für ein Punktesystem zur Steuerung der Zuwanderung. Diese Idee ist zwar nicht neu, aber für die Union immer noch revolutionär. Denn ein solches System einzuführen würde die Lebenslüge der Union beenden, wonach Deutschland in Gegenwart und Zukunft ohne Einwanderung auskommen kann. Seehofers Thesen zum Trotz: In der Union mag ihm die jüngere Generation da nicht mehr folgen. Es gibt also durchaus Gründe, auf einen rationaleren und zukunftsorientierten Umgang mit dem Thema Migration zu hoffen. Voraussetzung für gesellschaftlichen Konsens ist allerdings auch ein Umdenken bei manchen Linken. Wer für Einwanderung eintritt, muss zumindest wahrnehmen, dass alle Einwanderungsländer wie Australien ihre neuen Bürger auch nach Nützlichkeitskriterien auswählen. Nichts anderes bedeutet ja das Punktesystem. Aber ohne eine solche Steuerung wird man die Akzeptanz für Einwanderung nicht erreichen.

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Lukas Wallraff
taz.eins- und Seite-1-Redakteur
seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens

5 Kommentare

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  • P
    Prof.Dr.

    Endlich ein vernuenftiges, nicht ideologisch gepraegtes Kommentar in TAZ! Natuerlich ist das Punktensystem bestens geeignet, die Zuwanderung zu steuern, und hat sich schon in Kanada, Australien, oder in Suedafrika gewaehrt. Als Migrant-Wissenschaftler aus dem Ostblock habe ich mich immer gewundert, warum die Drogenhaendler aus Kurdistan oder Analphabeten aus Anatolien viel bessere Chancen haben, in Bundesrepublik Fuss zu fassen! Dafuer sind aber die Gruenen und die Linken (frueher SPD) verantwortlich. Nach einer katastrophalen Erfahrung in Deutschland bin ich in anderem Land taetig, und meine Tochter (die nach Medizinstudium in Deutschland chancenlos war), hat eine Stelle an den Harvard. Die jetztige Auswanderungspolitik reduziert willige Immigranten zu einfachen Arbeitern, vielleicht wegen alten "Herrenvolk"-Denkweise (natuerlich ganz unterbewusst...). Ich glaube nicht, dass die Top-Fachleute sich nach Deutschland verirren. Die Botschaft ueber schlechten Perspektiven hat sich schon breit rumgesprochen.

  • GN
    graf nitz

    volle zustimmung!!!!!!

     

    vor allem die geisteswissenschaftler, kreative und aehnliche gruppen muessen staerker teilhabe erfahren!!!

     

    also f u e r eine staerkere durchmischung der redaktionen, online-agenturen, vereine, stiftungen, webdesignfirmen!!!

     

    sind alle eh durch white hetero males dominiert.die koennen ja auch nen handswerksberuf lernen.

  • DB
    Dr. Birgit Reime

    Oh Mann jetzt betet doch nicht auch noch diesen Quatsch mit der Verwertbarkeit nach. Ich bin 2007 nach Kanada eingewandert als "skilled worker", also mit Punktsystem. Natuerlich gibt es hier dennoch jede Menge Fluechtlinge (asylum seekers) und auch Familiennachzug, genau wie in Deutschland. Es werden doch keine Fluechtlinge und Familienangehoerige abgelehnt, weil sie evtl. nicht "verwertbar" sind! Die klassischen Einwanderungslaender bieten einfach mehr und ziehen daher mehr gut gebildete Leute an als Deutschland, das im Human Development Index der UNO nicht mal unter den ersten 20 rangiert. Aus Deutschland wandern gut gebildete Leute (auch Deutsche) doch selbst in Scharen aus...

  • K
    keetenheuve

    "Muslimbeschimpfungswettbewerb", "Kraft der Aufklärung"? Man merkt, dass Lukas Wallraff in einer anderen Welt lebt, die nicht viel mit der Realität zu tun hat. Tatsache ist, dass mit unendlicher Naivität und Ignoranz der Islamisierung alle Tore geöffnet werden. Ein aktuelles Beispiel bietet die Uni Münster und die Stadt Münster.

    Da wird unter dem Dach der Uni Münster ("Imam-Ausbildung...") von der Muslimischen Studierendengemeinde eine "Islamwoche 2010" veranstaltet, die u. a. den vom Verfassungsschutz beobachteten Islamistenfunktionär Ibrahim El-Zayat zu einem Vortrag eingeladen hat. Natürlich mit "Förderung durch den Integrationsrat der Stadt Münster": http://www.msg-muenster.de/

    Es wirft ein Licht auf die Verhältnisse in Deutschland, dass dies ohne irgendeine Kritik so einfach möglich ist, während gleichzeitig derselbe "Integrationsrat" bei Neonazi-Versammlungen umgehend zur Mobilisierung aufruft.

  • O
    Oberhart

    Vom aufklärerischen Standpunkt aus dürfte es schwer sein, nicht in die Islamkritik einzustimmen. Da liegt nämlich schon einiges im Argen: Diese Religion ist wie kaum eine andere ein Nährboden für Antisemitismus, Homophobie, antiquierte Rollenbilder und Gewaltbereitschaft. Es wäre schön, wenn man die Defizite, die allesamt zigfach auch statistisch belegt sind, ansprechen könnte, ohne gleich in der rechten Ecke verortet zu werden.

     

    Tatsächlich wäre es wünschenswert, wenn es die Kritik von aufklärerischen Standpunkt her lauter würde. Würde den Verfechtern der deutschen Leitkultur und der jüdisch-christlichen Tradition Europas nämlich deutlich mehr Wind aus den Segeln nehmen als die beharrliche Weigerung der Anerkennung dass es bei der Integration einiger Ausländergruppen deutliche Defizite gibt.

     

    Die sind nämlich für die meisten Menschen hierzulande offensichtlich und zudem statistisch belegt. Die Debatte braucht weniger Lukas Wallraffs und mehr Michael Schmidt-Salomons.