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Kommentar IWF-Chef Strauss-KahnAbsturz eines Favoriten

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Dominique Strauss-Kahns Karriere ist beendet. Ein Sexskandal um den Favoriten der Sozialisten ist vor allem ein gefundenes Fressen für die Rechtspopulisten.

Sein Image als Schwerenöter ist bekannt: Dominque Strauss-Kahn. Bild: reuters

V ersuchte Vergewaltigung und sexuelle Nötigung sind schwerwiegende Vorwürfe. Sie sind so gravierend und folgenreich, dass viele in Frankreich in einer ersten Reaktion wohl gedacht haben, hinter den Anschuldigungen können eigentlich nur eine niederträchtige Intrige oder eine Manipulation stehen. Zwar gilt auch für den IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn das Recht, solange als unschuldig betrachtet zu werden, bis eine Verfehlung bewiesen ist. Aber kaum jemand in Frankreich zweifelt daran, dass die Karriere des "DSK" politisch so gut wie erledigt ist.

Nicht nur seine Freunde sind konsterniert. Ebenso sehr trauern die Umfrageinstitute um ihren Liebling. Seit Monaten bereits hatten die Meinungsforscher den früheren Wirtschaftsminister und bisherigen IWF-Chef so klar zum Top-Favoriten der französischen Präsidentschaftswahlen erklärt, dass man ihn in Frankreich schon zum designierten Nachfolger von Nicolas Sarkozy und zum zukünftigen Staatspräsidenten ausrief.

Die Außenseiter, die sich ebenfalls in der Sozialistischen Partei, in der Strauss-Kahn den "sozialdemokratischen" Flügel verkörpert, bei Primärwahlen um die Kandidatur bewarben, wurden nachsichtig belächelt. Denn die internen Vorwahlen im Herbst galten als bloße Formsache für Strauss-Kahn - sofern er denn überhaupt antreten wollte. Am Ehrgeiz des IWF-Chefs, nach dem höchsten Amt in der französischen Republik zu greifen, zweifelte allerdings kaum jemand. Der Job wurde ihm geradezu wie eine reife Frucht angetragen.

Der Autor

Rudolf Balmer ist Frankreich-Korrespondent der taz.

Nun kommt es wieder einmal erstens anders, zweitens als man denkt. Strauss-Kahns Image als Schürzenjäger und Schwerenöter war hinreichend bekannt. Er hätte wissen müssen, dass er solche Anschuldigungen nicht aus der Welt schaffen kann - seien diese berechtigt oder nicht. Die Folgen hat er sich in erster Linie selber zuzuschreiben. Und an Schadenfreudigen mangelt es auch nicht, und dies nicht nur unter seinen rechten Widersachern.

Ein Sexskandal um den Favoriten der Sozialisten ist vor allem ein gefundenes Fressen für Marine Le Pen vom rechtspopulistischen Front National. Für ihre Kampagne gegen ein "verkommenes Establishment" ist der "Kaviarlinke" Strauss-Kahn ein Prachtexemplar auf ihrer Abschussliste. Sein Ausscheiden aus dem Wahlfinale öffnet ihr den Weg zu einem Duell um die Macht mit Sarkozy.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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16 Kommentare

 / 
  • M
    mar

    Es ist _möglich_, dass es sich um eine Intrige oder um eine Falle handelt, aber dass solche Vorwürfe an Strauss-Kahn kleben bleiben, *das* ist seine eigene Schuld. Es ist wie mit der historischen Halsband-Affäre: Marie Antoinette war unschuldig, hatte aber zuvor so hemmungslos geprasst, dass es ihr jeder zugetraut hatte; und genau das wurde den Leuten durch die Affäre klar. -- Strauss-Kahn verliert bei jedem genaueren Blick. Allein die Tatsache, dass das Hotel 3000 Dollar!!! die Nacht kostete, schadet ihm (in meinen Augen). Wozu braucht ein allein reisender Mann eine Suite mit eigenem Konferenzsaal?! Größenwahn. Und warum reiste er allein -- wo sind die Leibwächter? Wollte er unbeobachtet sein, hatte er was zu verbergen? Alles lässt ihn in schiefem Licht erscheinen, ganz unabhängig von der mutmaßlichen Vergewaltigung.

  • Z2
    Zyniker 2

    Na wenn´s denn stimmt mit angeblichen Vergewaltigung?

     

    Ich könnte mir aber auch vorstellen dass die Amis mal wieder Ihre alte Methode anwenden, politische Gegner zu diskreditieren und fertigzumachen.

     

    Diese Methode ist ja mittlerweile ein alter Hut. Siehe nur Polanski, Assange, Kachelmann.... Da gibts so viele Beispiele. Wird halt gerne benutzt, weil die blöde einfache Bevölkerung bei sexuellen Dingen immer gleich kritiklos hysterisch nach Vergeltung und Bestrafung schreit, ohne echte Beweise zu verlangen.

     

    Kann natürlich auch stimmen, dann wärs ne Schweinerei. Aber die Beschreibung des angeblichen Tathergangs ist in seinen Einzelheiten doch schon sehr merkwürdig für so einen Politiker (er will ja schließlich Französischer Präsident werden)! Wollte er bestimmte Sachen die von Ihm gefordert wurden oder die er rausbekommen hat, nicht mitmachen.

  • K
    keetenheuve

    @ matze

    Marine Le Pen wäre dann schon als "Sauberfrau" zu bezeichnen. Für Frankreich bietet sich tatsächlich eine aufregende Perspektive, denn Marine Le Pen ist offenbar "moralisch" die integerste Kandidatin. Von den nationalistischen und antisemitischen Positionen ihres Vaters hat sie sich deutlich distanziert, ansonsten hätte sie auch nicht die große Zustimmung in den bisherigen Wahlen erhalten. Im Gegenteil: Sie kritisiert, dass Juden heute in vielen französichen Vierteln Anfeindungen ausgesetzt sind, deren Hintergründe man sich denken kann.

    Angesichts des Sarkozy-Klüngels und der DSK-Affäre steht Marine Le Pen jedenfalls tatsächlich gut da. Überhaupt: Wie konnte die sozialistische Partei eigentlich jahrelang einen DSK verehren, obwohl seine Übergriffe auf Frauen schon seit Jahren intern bekannt sind? Ausgerechnet die Partei von Segolene Royal und Frau Aubry...

  • J
    jan2801

    Wie schon von RUGERO benannt, passt da so Einiges nicht:

     

    1. Wieso war auf Facebook schon vor dem öffentlichen Polizeibericht bekannt, dass DSK eine Sexualstraftat begangen haben sollte?

    2. Was macht ein „Zimmermädchen“ kurz vor dem bekannten Abreisetermin in einer Suite?

    3. Warum wird DSK auch wg. Freiheitsberaubung angeklagt – verfügen New Yorker Zimmermädchen etwa nicht über einen Generalschlüssel/einer General Card?

    4. Glaubt man wirklich, DSK wäre so dämlich, vom Flughafen aus das Hotel zu bitten, ihm das Handy nachzusenden?

     

    Mal ehrlich, das ist nicht (m)eine Verschwörungstheorie – das klingt eher nach einem Komplott. Von der Le Pen oder vom Sarkozy angezettelt. Selbst die TAZ wird da nicht misstrauisch…

  • NY
    New Yorker

    Hmm, merkwurdig ist das schon. Ich kenne viele 5-Sterne-Hotels von Berufs wegen. Wenn ein Zimmermaedchen zum Saubermachen reingeht, bleibt IMMER die Tuere offen. Wenn er da mit einer x-tausend Dollar Prostituierten erwischt worden waere, dann ok, aber so...??

     

    Bin mal gespannt auf den Hintergrund des Zimmermaedchens...

  • RC
    regio cooler

    @rugero

    »So ein vernunftgesteuerter Mann, der kurz vor einer entscheidenden Phase in seiner Karriere steht jagt keine Zimmermädchen nackt durch die Suite.«

     

    Das glaub ich nämlich auch ... so kurz vor der Wahl ... das ist doch auffällig.

     

    Diese Geschichte erinnert mich sehr an den Film "down by law" ..., wo dem Zuhälter eine Minderjährige ins Bett gelegt wurde, um ihn hopps gehen zu lassen.

  • R
    Rainer

    Ein Facebook-Fanclub mit 500.000 garantiert echten ;) Likern würde ihn zumindest in den Augen weiter Teile der deutschen Bevölkerung zum Opfer fiesester Intrigen stilisieren...

  • M
    Matze

    @von keetenheuve

     

    Nein auf keinen Fall:

     

    wenn Le Pen persönlich ein Sauermann ist,

    rechtfertigt es nicht seine obszönen politischen Ziele.

  • BE
    Brigitte Eilert-Overbeck

    Zuerst wollte ich gar nicht glauben, dass ich einen taz-Beitrag lese. Dieser Kommentar kommt meines Erachtens einer Vorverurteilung gleich. In dieser Zeitung hätte ich das nicht erwartet.

  • P
    pika

    "Sexskandal"?! "Schwerenöter"?!

    Sagt mal, geht's noch?!

    Versuchte sexualisierte GEWALT hat weder mit dem einen noch mit dem anderen was zu tun.

    Diese mit diesen Begriffen in Verbindung zu setzen, ist ein toller Weg um versuchte Vergewaltigung zu verharmlosen.

     

    Sexistische K*********e zahl ich nich'!

  • K
    keetenheuve

    Mit anderen Worten: Irgendwie hat Marine Le Pen also doch recht, oder?

  • OA
    o aus h

    "Er hätte wissen müssen, dass er solche Anschuldigungen nicht aus der Welt schaffen kann - seien diese berechtigt oder nicht."

    Häh? DSK hätte wissen müssen, dass er selbst unberechtigte Anschuldigungen nicht aus der Welt schaffen könne? Und deswegen hätte er nie und nimmer eine Suite buchen dürfen? Oder was soll die Schlussfolgerung sein? Oder hatte Herr Balmer die zitierte Unschuldsvermutung gar nicht so ernst gemeint?

  • N
    nun

    ...erst die Untersuchung abwarten, ihr Hüter der Moral und Ehre der Zimmermädchen.

    Innocent until proven guilty.

  • K
    Kai

    Was finden die ganzen Linken in Frankreich an so nem Luxus-Sozialisten? Ist doch für die super wenn der Weg ist, so können die doch einen Arbeiter oder so ganz oben installieren...

  • R
    rugero

    Die Anschuldigung der Hotelangestellten steht im Raum. Eine Äußerung von Strauss-Kahn zu dem Thema steht noch aus. Aber süffisant stürzt sich die Presse weltweit auf das Thema und sorgt für eine Vorverurteilung und Beendigung seiner Karriere.

     

    Wenn der Mann wirklich so gehandelt hat, war das sagenhaft triebgesteuert und dumm. Dann er gehört abgestraft. Andererseits ist er wegen Blödheit nicht unbedingt aufgefallen in seiner Karriere. So ein vernunftgesteuerter Mann, der kurz vor einer entscheidenden Phase in seiner Karriere steht jagt keine Zimmermädchen nackt durch die Suite.

     

    Denkbar ist natürlich ein Komplott mit dem Zweck ihn als politischen Konkurrenten auszuschalten. So eine Situation im Hotelzimmer ist ziemlich leicht herzustellen. Hotelpersonal spaziert normalerweise nicht einfach so in vermietete Zimmer herein.

     

    Auffällig ist auch die medienwirksame Abarbeitung des Falles. Anstatt erster diskreter Befragung zur Anschuldigung wird sofort die Presse eingeschaltet.

  • IN
    Ihre Name? Achmed

    Ärgerlich.

     

    Ein Duell zwischen Marine Le Penn und Nicola Sarkozy.

     

    Pest und Cholera.

     

    Bullshit or goatshit.

     

    Ein Fest für überzeugte Nichtwähler.