Kommentar Homophobie in Russland: Die russische Jagd
Das Gesetz über ein Verbot von „Homosexuellen-Propaganda“ wurde von der Duma verabschiedet. Es stärkt Putins Macht nicht.
D ie russische Duma nickt in der Regel stumpf die Vorgaben des Kremls ab. Auch diesmal sind sich die Abgeordneten treu geblieben und haben für das Gesetz über ein Verbot von „Homosexuellen-Propaganda“ gestimmt. Damit ist sichergestellt, dass die Jagd auf Schwule und Lesben gnadenlos weitergehen wird.
Sie bekommen ohnehin täglich die Verachtung der Gesellschaft zu spüren. Sie werden diskriminiert, ausgegrenzt, als krank und abartig verunglimpft. Und manchmal sogar umgebracht, wie das Beispiel zweier Schwuler zeigt, die unlängst auf der Straße totgeschlagen wurden.
Das alles passiert mit dem Segen der orthodoxen Kirche, die diesen Hass tatkräftig befeuert – genauso wie Staatspräsident Wladimir Putin und seine Vasallen. Derzeit ist ein neues Gesetz in Vorbereitung, dass ausländischen homosexuellen Paaren die Adoption russischer Waisenkinder verbietet. Dass der Kreml auch davor nicht zurückschreckt, die Schwächsten der Schwachen zu benutzen, um auf einen „Gegner“ politischen Druck auszuüben, wissen wir spätestens seit dem Adoptionsverbot für US-Amerikaner als Folge des Magnitsky Acts.
Aber beim jüngsten Gesetz geht es nicht nur darum, sich an einer sexuellen Minderheit abzuarbeiten. Es geht darum, Anpassungsdruck auszuüben auf alle, die nicht auf Linie sind, nicht in das Weltbild der Machthaber passen: politische Gegner, Künstler, aber auch Wissenschaftler wie die unbequemen Soziologen des Lewada-Instituts.
Eine Regierung, die derart agiert, fühlt sich nicht nur bedroht, sondern ist sich ihrer selbst nicht sicher. Genau aus diesem Grund werden die Repressionen vorerst weitergehen. Aber unabhängig davon, wer die nächsten Opfer sein werden: Aufhalten wird das den Verfall des Regimes Putin auf keinen Fall.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“