Kommentar Hessischer Kulturpreis: Navid der Weise
Die Affäre um den Hesssichen Kulturpreis hat endlich ein Ende. Ministerpräsident Roland Koch hat noch rechtzeitig die Wende geschafft.
M it der Verleihung des Hessischen Kulturpreises an den evangelischen Kirchenpräsidenten Peter Steinacker, Kardinal Lehmann, Salomon Korn vom Zentralrat der Juden und ja, auch an den Islamwissenschaftler Navid Kermani fand am Donnerstag in Wiesbaden eine Affäre, die beinahe zum interreligiösen Totalschaden geführt hätte, einen nun doch versöhnlichen Ausklang.
Der Fall hatte ein grelles Licht auf den doppelten Maßstab im Umgang mit religiösen Minderheiten hierzulande geworfen. Erst sollte der Preis ja auch an den Orientalisten Fuad Sezgin gehen. Der aber winkte ab, weil er nicht traute Einvernehmlichkeit vortäuschen wollte, wo ihm die Haltung des Zentralrats der Juden zum israelischen Krieg in Gaza aufgestoßen war. Als Reaktion darauf kam Sezgins Kollege Navid Kermani als Ersatzmann ins Spiel. So weit, so holprig.
Kermani allerdings hatte in einem Zeitungsartikel über das christliche Symbol des Kreuzes auf eine Weise räsonniert, die wiederum den beiden Kirchenmännern als "Gotteslästerung" erschien. Statt sich aber nun, wie Fuad Sezgin es getan hatte, zurückzuziehen und den Preis anderen zu überlassen, übten sie Druck auf das Kuratorium aus, seine Entscheidung zu überdenken. Hessens Ministerpräsident Roland Koch kam daraufhin auf die abstruse Idee, den kritisierten Kermani kurzerhand von der Liste der Preisträger zu streichen. Damit zeigte er, dass christliche Empfindlichkeiten für ihn schwerer wogen als der Affront, den Kermanis Brüskierung für deutsche Muslime bedeuten musste.
Roland Koch fand die Größe, sich für diesen Fehler zu entschuldigen. Und der Publizist Kermani, der in diesem Lehrstück unfreiwillig zur Hauptfigur geworden war, fand die richtigen Worte. Wie Lessings Nathan der Weise mahnte er, die Konkurrenz der Religionen als Wettbewerb der guten Werke zu begreifen.
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