Kommentar Henkel und Rigaer Straße: Am Ende dem Feindbild erlegen
Henkel ist blass geblieben als Berliner Innensenator. Dank des Einsatzes in der Rigaer Straße wird er auch noch als Rechtsbrecher in Erinnerung bleiben.
E s hat doch fast fünf Jahre gedauert, bis aus Frank Henkel jener CDU-Innensenator wurde, den fast alle nach der Wahl erwartet hatten. Ein Mann, dem egal ist, wie er seine Ziele erreicht – Hauptsache, er erreicht sie. Schade eigentlich.
Die meiste Zeit der im September endenden Legislaturperiode war der Union-Landeschef und Innensenator einfach ein blasser Typ, der genau wie seine CDU-KollegInnen im Berliner Senat wenig gebacken kriegte. Das kann man gut finden, oder schlecht. Jedenfalls wäre es eine bessere Bilanz gewesen als die, die ihm jetzt der umstrittene Polizeigroßeinsatz in dem linken Hausprojekt Rigaer94 einbringt, dem eine Demo mit 123 verletzten Polizisten folgte.
In der Sondersitzung des Berliner Innenausschusses am Donnerstag versuchte sich Henkel mit einem juristischen Kniff aus der Affäre zu ziehen. Die Teilräumung des Hauses in der Rigaer Straße am 22. Juni, so sagte er, habe gar „nicht stattgefunden, weil es dafür keinen Räumungstitel gab“. Der Einsatz der 300 Polizisten, dem drei Wochen Belagerungszustand folgten, sei also keine Räumung gewesen.
Das überzeugt nicht einmal den Koalitionspartner SPD. Die meisten Sozialdemokraten und die Opposition gehen von einem „konstruierten Einsatz“ aus, bei dem die Polizei allein handelte. Henkel selbst wurde erst am Vorabend des Einsatzes informiert. „Gelogen“ werde von Seiten der Polizei und Innenverwaltung, sagte ein Redner im Ausschuss; ein anderer sprach von „verbotener Eigenmacht“. Die Vorwürfe sind kein Wahlkampfmanöver. Sie stimmen offensichtlich.
Am 18. September wird in Berlin gewählt. Schon deshalb wird Henkel, der auch Spitzenkandidat seiner Partei ist, nicht zurücktreten. Aber dank des Rigaer-Eklats dürften sich auch die Letzten in der SPD von dem Wunsch verabschieden, die rot-schwarze Koalition mit Henkel fortzusetzen. Der Weg für Rot-Grün-Rot wäre damit frei; und der Noch-Innensenator wieder da, wo man mit einer solchen allerhöchstens Einstellung hingehört: auf der Oppositionsbank.
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