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Kommentar Hauptstadt-WahlkampfBlaues Auge für Renate

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Im Streit um Grün-Schwarz zerlegt sich die Partei derzeit selbst. Aber genau das könnte ihre Spitzenkandidatin Renate Künast vor dem Totalabsturz retten.

D er Traum der Grünen in Berlin war: Ihre Spitzenkandidatin Renate Künast macht das Rennen; auf der Erfolgswelle ihrer Partei surft sie als Siegerin ins Rote Rathaus der Stadt. Dort sucht sie sich dann den passenden Koalitionspartner aus – CDU oder SPD, je nachdem, zu was es reicht. Doch dieser Traum ist in den vergangenen Wochen zerronnen.

Erst fielen die Grünen in den Umfragen weit hinter die SPD zurück: teils aus eigenem Unvermögen, teils, weil ihr Konkurrent Klaus Wowereit seinen Amtsbonus geschickt ausspielte. Es scheint, dass er wohl Bürgermeister bleibt - und es für die Grünen bestenfalls zum Juniorpartner reicht.

Selbst das ist aber nicht sicher: Bundesweit liegen die Grünen in Umfragen derzeit bei 22 Prozent. Ausgerechnet in ihrer Hochburg Berlin aber könnten sie nun deutlich unter diesen Wert sacken. Renate Künast droht ein Desaster. Und nun kündigen einige linke Abgeordnete ihr auch noch mehr oder weniger offen die Gefolgschaft auf, weil sie partout keine Koalition mit der CDU wollen. Zerlegt sich die Partei drei Wochen vor der Wahl selbst? Ja. Aber genau das könnte sie vor dem Totalabsturz retten.

Bild: Amélie Losier
Gereon Asmuth

leitet das Berlin-Ressort der taz.

Die Aussicht auf eine grün-schwarze Koalition irritiert einen großen Teil der grünen Stammwähler - und Renate Künast konnte diese Option auch nicht recht plausibel machen. Zwar kann die Parteiführung nicht auf die Option mit der CDU verzichten. Andernfalls würde sie sich gänzlich der SPD ausliefern - und ihre Spitzenkandidatin Renate Künast demontieren.

Dennoch kann Künast den Parteilinken sogar dankbar sein. Deren Drohung, ein grün-schwarzes Bündnis zu sabotieren, könnte die Stammklientel beruhigen. Damit bleibt die Chance, dass Künast wenigstens mit einem blauen Auge davonkommt.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
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6 Kommentare

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  • B
    Beelzebub

    @ Sebastian

     

    Es ist keine Schande, sondern blanke Dummheit, seine Stimmangabe bei Wahlen von der Beschaffenheit der Geschlechtsorgane der Kandidaten abhängig zu machen.

     

    Es ist nur gut, dass die NPD noch nicht auf die Idee gekommen ist, mit einer aus "nationalen Frauen" bestehenden Liste anzutreten - es fänden sich garantiert ein paar IdiotInnen, die sie nach Motto "Hauptsache Frau" wählten.

     

    Und was wäre z.B. gewonnen, wäre es FRAU Künast, die die Verlängergerung der A 100 bauen und evtl. Widerstand blutig niederknüppeln ließe.

     

    Und wer da dem Irrglauben huldigt, Frau Künast sei gegen die Verlängerung der A 100, sei an folgendes erinnert: es war eine rot-grüne Bundesregierung, die die A 100 in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen hat - als ein Projekt mit "vordringlichem Bedarf". Frau Künast hat ebendieser rot-grünen Regierung als Ministerin angehört. Wenn sie jetzt plötzlich die Autobahngegnerin markiert, kann man getrost 100:1 wetten, dass sie lügt.

  • M
    Maike

    Die Grünen sind die einzige Partei, die Umweltpolitik macht. Das ist ein Grund, sie zu wählen. Damit Berlin eine grüne Stadt bleibt, fahrradfreundlich wird und nicht Millionen für Stadtautobahnen verbrannt werden.

    Es geht um pure Lebensqualität.

    Warum damit niemand Wahlkampf macht, ist mir ein Rätsel.

    Ich wähl doch nicht Renate, damit sie genauso bekloppte, nichtssagende Plakate macht wie die SPD.

    Aber vielleicht macht sie das, um die Wowi-Wähler abzugraben. Nur: vielleicht fragen sich dann Leute wie ich, warum wir sie wählen sollten.

    Ich vermisse beim Grünen-Wahlkampf in Berlin einfach ganz schrecklich die Grünen.

  • A
    Astschnecke

    Frau Künast sägt kühn an dem Ast der Wählerstimmen auf dem sie sitzt.

  • S
    Sebastian

    Mal ganz abgesehen von der Grünen Linken gibt es noch andere Gründe dafür Renate Künast zu wählen. Auf Facebook gibt es gerade eine Initiative die klar macht das es noch nie eine Frau gegeben hat die es per Wahl geschaft hat Regierende Bürgermeisterin von Berlin zu werden! Ich finde das eine Schande, und in anlehnung auf die Slogans auf den Plakaten unterstütze ich diese Seite und Sage "Da müßen wir Ran!" https://www.facebook.com/renate.schaffts

  • H
    Hansiobergucker

    Frau Künast mochte ich immer sehr. Ihre Politik war oft sehr gut. Doch in der heutigen Zeit verstehe ich nicht wie die meisten Normalbürger und Geringverdiener die in der BRD die Mehrheit stellen immer noch nicht die LINKE wählen. Die Grünen waren notwendig, sind heute aber erst mal nicht mehr so wichtig. Eine Linke/Grüne Regierung wäre für Deutschland jetzt wichtig (z. B. bedingungsloses Grundeinkommen). Erst kommen die sozialen Probleme dran, die nur ein radikaler Umbau unserer Gesellschafts- und Politikstruktur bewältigen kann. Dafür stehn die Linken. Und dann müssen die Umweltprobleme kommen. In einer sozial funktionierenden und blühenden Gesellschaft können Umweltprobleme Priorität bekommen. Aber diese Zeiten sind vorbei. CDU/CSU, SPD/FDP und leider auch die Günen haben ihre Chancen vertan, indem sie sich haben korrumpieren lassen und den Bürger aus den Augen verloren haben. Sie arbeiten nur nur für ihre Macht und Ihre Lobbys aus Banken und Großkonzerne.

  • T
    Tonia

    Wer in Berlin Wowi und SPD wählt, ist selber schuld. Wer Renate und Grüne wählt, auch. Wer jemand anders oder eine andere Partei wählt auch. So ist leider die Realität in Berlin. Da trotzdem genügend zur Wahl gehen werden, wird sich nichts ändern. Ob mit denen oder mit denen.