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Kommentar Hartz IV-UrteilRechtens - aber ungerecht

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

In der Mittelschicht herrscht Absturzangst, viele gut verdienende Menschen verachten Langzeitarbeitslose. Hartz IV ist das Paradebeispiel für falsche Gleichbehandlung.

E in Facharbeiter hat 30 Jahre geackert und brav Beiträge für die Arbeitslosenversicherung gezahlt. Dann verliert er seinen Job. Ist es vertretbar, wenn ihm der Staat die Arbeitslosenhilfe streicht? Und nach einem Jahr nur noch Hartz IV zahlt?

Diese Fragen betreffen das Kernstück der Hartz-Reformen. Durch sie ist die Linkspartei stark geworden und die SPD fast zerbrochen. Das Verfassungsgericht hat die Fragen jetzt klar beantwortet: Ja, es ist vertretbar, zumindest nach dem Grundgesetz.

Die Logik der Richter ist formal einleuchtend. Die damalige Arbeitslosenhilfe wurde mit Steuergeld finanziert, nicht mit von Arbeitnehmern eingezahlten Beiträgen. Insofern kann ein Wegfall kaum das Grundrecht auf Eigentum verletzen.

Bild: anja weber

Ulrich Schulte leitet das Inlandsressort der taz.

Auch politisch gab es gute Gründe, diese Leistung zu überdenken: Natürlich ist es Menschen zuzumuten, in Notzeiten auch eigene Ersparnisse anzugreifen. Die Arbeitslosenhilfe war ein Rundumschutz, der ein etwas reduziertes Einkommensniveau auf Lebenszeit garantierte. Das nutzte vor allem Gutverdienern.

Die sozialpolitische Skandal von Hartz IV aber, den sämtliche Parteien außer der Linkspartei mittragen, ist, dass die Regelung alle Arbeitslosen sehr rasant und sehr tief abstürzen lässt. Anstatt Leistungen gestaffelt abzusenken, spielen für den Gesetzgeber Dauer der Arbeitszeit und das Gehalt keine Rolle mehr - von minimalen Vorteilen für Ältere abgesehen.

Der Schaden durch diese Ungerechtigkeit ist enorm, durch sie ist die Gesellschaft ins Rutschen gekommen. In der Mittelschicht herrscht Absturzangst, viele - noch - gut verdienende Menschen verachten Langzeitarbeitslose. Hartz IV ist das Paradebeispiel dafür, was falsche Gleichbehandlung anrichten kann.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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26 Kommentare

 / 
  • K
    Kathrin

    @ Dörte:

     

    Jo, und im Vergleich zu Ludwig XIV. sind Hartz-IV-ler Milliardäre und im Vergleich zum Neandertaler Trilliardäre.

     

    Die Sozialleistungsquote beträgt seit 1990 zwischen 27 und 30 Prozent und ist selbst nach der (natürlich!) kostenträchtigen Wiedervereinigung nicht weiter gestiegen. Was für eine Leistung! Bitte glauben Sie doch nicht, was in vielen Medien kolportiert wird.

    In den Sozialleistungen sind übrigens auch alle Renten- und Pflegeleistungen enthalten, also NICHT NUR AlG I, Hartz-IV und die Grundsicherung. Und alles zusammen wie gesagt 27-30 Prozent.

     

    Ich gebe Ihnen recht, dass einE DDR-BürgerIn damals sicher mit weniger ausgekommen sein mag, weil er/ sie musste. Auch heute kann man mit weniger auskommen. Aber nicht mit ZU WENIG.

    Glauben Sie wirklich, dass jemand nach längerem Hartz-IV-Bezug von jetzt auf gleich vom Wohlgenährten zum Drittweltmodell mit Ödembauch mutiert. Das ist doch ein schleichernder Prozess, den die meisten von uns übersehen ... wie unten Hanna beschrieben hat.

  • K
    Kathrin

    @ von Martin Schnitzler:

     

    1. Die Erwerbsarbeitslosenversicherung war nie als Sparkasse oder "Lebens"versicherung gedacht und gehandhabt worden.

     

    2. Ich gebe Ihnen recht, dass jemand, der überhaupt nicht erwerbsarbeiten will, weniger bekommen sollte.

    Jedoch: Erkundigen Sie sich doch mal, wie viele als offen gemeldete Stellen (inkl. Teilzeit- und subventionierte) es überhaupt gibt; packen Sie dann noch mal. ca. 1 Mio. nicht gemeldeter offener Stellen drauf (großzügige Schätzung); glauben Sie dabei nicht mehr den Zahlen der offiziellen Erwerbsarbeitslosenstatistiken, und dann werden Sie sich doch sehr wundern: Es gibt rein quantitativ gar nicht genug Stellen, selbst für die, die Erwerbsarbeit suchen.

     

    3. Ich kenne viele Jugendliche, die in Hauptschulen gesteckt wurden, obwohl sie -z. B. im lohndumpingfördernden Ehrenamt- beweisen, wie intelligent sie sind. Diese jungen Menschen suchen ganz doll nach einer sinnstiftendenden und ihr Auskommen sichernede Ausbildung oder Erwerbsarbeit. Von wegen Fachkräftemangel!

    Ich kenne viele SchülerInnen, die von nicht wenigen LehrerInnen diskriminiert wurden/ werden - dass die irgendwann mal völlig demotiviert sind, wundert mich dann nicht mehr.

     

    Herr Schnitzler, in diesem Land werden (ärmste und ärmere) Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt ... und alle sind dann davon abgelenkt, dass Politik und Wirtschaft jedweder Couleur schlicht und einfach nicht mehr weiterwissen und versagen ... für hohe Diäten bzw. hohes Gehalt.

     

    Und statt, dass alle Nationen kooperieren, exportieren z. B. "wir" über einen überbordenden Export die Erwerbsarbeitslosigkeit in andere Länder, statt unsere Binnenkaufkraft zu fördern und hier nicht unanständig Erwerbsarbeitsplätze in Vollzeit zu schaffen ... und wundern uns dann, wenn deren BürgerInnen als Wirtschaftsflüchtlinge an unsere Tür klopfen.

  • H
    hto

    @HannaP

     

    Heute kann man das zeitgeistlich-systemrationale

    "Entwicklungshilfe" im Rahmen des "sozialverträglichen Frühablebens" nennen!?

  • M
    Monroe1665

    30.12.2010 14:18 Uhr:

    von Albano:

    "Und das war nicht unbedingt ein Paradies, aber vor 30 oder 40 Jahren konnte normale Menschen von einem Lohn als Portier, Putzfrau, Kiosk-Aushilfe oder Bote tatsächlich leben."

     

    Damals hat der Portier, die Putzfrau aber auch nicht erwartet, von dem Lohn Auto, Flachbildfernsehen, Kabelanschluß, Handy, DSL Flatrate, Computer, Pay-TV etc bezahlen zu können....

  • J
    JoHnny

    werter herr schulte,

    was konkret tragen denn die sogenannten linken mit?...

    mfg

  • C
    ck2

    Der Beschluß 1 BvR 2628/07 gibt noch ein bißchen mehr her: AlHi sei keine eigentumsähnliche Leistung, da steuerfinanziert. Also gelte die GG-Eigentumsgarantie nicht.

     

    Nun sind aber auch die Pensionen der ganzen Staatsalimentarier (Beamte, Abgeordnete & Co) steuerfinanziert. Wann wird denen ans Leder gegangen?

     

    (War nur'n Scherz, aber bei so einer Begründung ...)

  • D
    Dörte

    Tja. Wir leisten uns als Gesellschaft, dass mehr als 50 Prozent des Haushaltes für Sozialleistungen ausgegeben werden. Bis auf ganz wenige STaaten wird so in keinem anderen Land der Welt sozial allimentiert. Trotzdem wird, wie in ihrem Kommentar, herumgemosert und von einer sozialen Kälte palavert, die so schlichtweg nicht gegeben ist. Mal so zum überdenken: Die geldwerte Gegegenleistung, die heute ein Hartz IV-Empfänger bekommt, ist etwa 50 Prozent höher als der Lohn eines höheren Angestellten in der DDR. Ergo: Der Hartz IV-Empfänger hat (materiell) heute einen höheren Lebenssstandard als die gehobenen Schichten damals in der DDR. Es sind aber gerade die ostalgischen Freibier-Krakeeler der Linkspartei die stets herumnörgeln, dass früher doch alles besser war. Und sie bedienen mit solch unreflektierten Worten genau diesen historischen und vor allem sozialpolitischen Unsinn. Bitte: SChlagen sie doch mal vor, wie man Sozialpolitik so reformieren soll, dass Missbrauch nicht stattfindet. Entschuldigung, aber ich hätte von der Taz etwas mehr Reflektion erwartet.

  • V
    vic

    In diesem Land ist jede Schweinerei rechtens, außer sie wird vom gewöhnlichen Volk begangen.

  • K
    karnevalist

    @HannaP

     

    So ist es! Das ist der schwache Trost der Langzeitarbeitslosen. Das ganze Gerede vom Aufschwung ist eh nur Propaganda, es werden immer mehr "Hartzer", die Kommunen finanziell am Ende. Neiddebatten ohne Ende.

    Zum Schluß kommt es zum Bürgerkrieg oder Volksaufstand, aber die Bundeswehr wird ja schon umgebaut für solche Fälle...

  • H
    Hornisse

    "Doch ich warne davor. Denn schon einmal, 1989 sind die Menschen aufgestanden, haben protestiert und ein ganzes System zu Fall gebracht."

     

    @Tibor...

     

    Moment, mehr als hinkender Vergleich: die im Jahre 1989 wollten den Kapitalismus so, wie er sich ihnen damals präsentierte. Heißt, sie wußten "was sie wollten".

    Was, bitte, würden die denn wollen, die hier "1989 nachmachen" spielen möchten? DDR reloaded, oder was?

    Sozialismus funktioniert DEFINITIV nicht.

  • S
    Spin

    "Die sozialpolitische Skandal von Hartz IV aber"

    ist nicht die Senkung dessen, was man hierzulande als Arbeitsloser zu erwarten hat sowie die rücksichtslose Durchleuchtung für das Almosen, sondern

    "dass die Regelung alle Arbeitslosen sehr rasant und sehr tief abstürzen lässt. Anstatt Leistungen gestaffelt abzusenken"

    was anscheinend schade, aber vertretbar wäre, wenn das Kapital das Humankapitälchen nicht mehr braucht, wird dieses nun allzuschnell verarmt.

    Der Kommentar zeigt, auf welchen sozialpolitischen Hund die Linke allein durch die Verschlechterung der Zustände gekommen ist. Nicht einmal der Versuch einer gerechten Verteilung von Arbeit und Ressourcen wird noch unternommen, stattdessen die Verbesserung von Hartz 4 gefordert.

  • MS
    Martin Schnitzler

    zu "Kathrin":

     

    es geht mitnichten um die "Qualität der Arbeit, die jemand geleistet hat", sondern schlicht und ergreifend darum, dass jemand, der, egal welche Leistungen er bei seinem Arbeitgeber erbracht hat, in dem vom Redakteur gebildeten Beispiel ja immerhin 30 Jahre eingezahlt hat und nach Ablauf von einem Jahr Arbeitslosigkeit sogleich ins Nirvana abdriftet und sich in Nullkommanix auf einer Stufe mit einem Hartz 4 Empfänger wiederfindet, der sich womöglich schon immer "die E.... geschaukelt" hat, um bei Deiner Ausdrucksweise zu bleiben.

     

    All das ist nicht eine Frage der "Arbeitsleistung", sondern eine Frage der Höhe und der Dauer der gezahlten Beiträge zur Sozialversicherung und damit ist das eine Frage der Beitragsgerechtigkeit. Das ist ja wohl so schwer nicht zu begreifen, oder? Im übrigen hätte der Arbeitgeber ja die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters zu beenden, wenn er dessen Leistungen für schlecht hält und das objektiv auch so ist.

  • G
    Grantler

    Wir befinden uns ganz klar auf dem Weg zur "Verdrittweltlichung"; Drittweltromatiker werden in Zukunft auch hier auf ihre Kosten kommen, aber anders, als ihnen lieb sein wird: Wachsende Armut, eine "Wir-da-oben" und "ihr-da-unten"-Mentalität, die sich heute schon deutlich bemerkbar macht, eine tiefe Spaltung der Gesellschaft in Reiche und Arme usw.

    Ich kann nur raten: Absolutes Misstrauen gegenüber den "Volksparteien" und extremistischen Predigern, das Antrainieren einer "rette-sich-wer-kann"-Mentalität. Es gilt, in dieser verrückten Zeit sozial u. materiell zu überleben.

  • A
    Amos

    Dass man Regierungen nicht vertrauen kann-ja vertrauen soll, bestätigt- jetzt- das Urteil des Verfassungsgerichts. Das heißt doch im Klartext: Wer einer Regierung vertraut, ist selber schuld. Das heißt:Dieses System hat nicht verdient, dass man ihm vertraut.

    Am besten man wählt Parteien, zu denen man von vornherein kein Vertrauen mehr hat, dann kann man auch nicht enttäuscht werden. Selbstverständlich wissen die Regierenden ja auch, wenn man am Verfassungsgericht irgendwann mal brauchen könnte-und nach diesem Prinzip werden sie ja auch eingesetzt. Die Kassenlage bestimmt bereits das Verhalten der Richter.

  • TS
    Tibor Simandi-Kallay

    Rechtens ist und soll bleiben der Abstieg einer ganzen Gesellschaft zu Gunsten einer kleinen, korrupten reichen Schicht, wie es bereits in vielen anderen Ländern der Erde Alltag ist.

     

    Seit der Sozialismus als konkurierendes Gesellschafts-Modell tot ist, glaubt der Kapitalismus, sich alles erlauben zu können.

     

    Doch ich warne davor. Denn schon einmal, 1989 sind die Menschen aufgestanden, haben protestiert und ein ganzes System zu Fall gebracht.

     

    Dies könnte dem Kapitalismus in der Bananenrepublik Deutschland eines Tages auch passieren!

  • H
    HanaP

    Nachtrag:

     

    Und sie dürfen sich darauf freuen, wie es ist, mangelernährt zu sein und von Freunden/ einigen Familienmitgliedern/ vorurteilsspeienden, neugierigen Nachbarn immer wieder zum Mini-Jobben oder Bürgersteigfegen ermuntert zu werden, obwohl sie sichtbar schwächeln und ob der objektiv schlechteren Ernährung und dem stetigen Bemühungsversuch um gute Ernährung das keine 3, 4 Wochen durchhalten könnten (körperlich, nachlassendes Konzentrationsvermögen, usw.) und obwohl der Zuverdienst den Mehrbedarf an Kalorien nicht wettmacht und obwohl sie die Zeit für ihre regen Bewerbungen benötigen und den Verwaltungskram mit dem Amt, und ... .

     

    Früher nannte man so etwas 'Fahrlässige Tötung', heute würde ich es als 'M...' bezeichnen.

    Die Geschichte wiederholt sich, und kaum einer will es bemerken.

  • K
    Kathrin

    Wie lange jemand gearbeit hat, sagt noch nichts über dessen Leistungen und die Qualität seiner Arbeit aus!

     

    Da gibt es Kollegen (und Vorgesetzte), die sich im Job die E... schaukeln,usw..

  • H
    HannaP

    Die dürfen sich dann darauf freuen, wie es ist, wenn Freunde sich vom inzwischen erwerbsarbeitslosen Freund/ Freundin zurückziehen, weil sie ihre Hilflosigkeit ob der Erwerbsarbeitslosigkeit des anderen nicht mehr aushalten.

     

    Die dürfen sich dann auf die Wiederbegegnung mit ihren eigenen dann früheren Vorurteilen freuen.

     

    Die dürfen sich dann darauf freuen, dass ihre übrig gebliebenen Freunde/ Familie auf wirklich! hohem Niveau jammern.

     

    Die dürfen sich dann auf die vielen, vielen Bewerbungen freuen ... und deren Absagen.

  • A
    Albano

    Das Urteil mag juristisch in Ordnung sein, aber die Frage, was soziale Sicherheit in Deutschland bedeutet, ist damit verneint worden. Es darf und soll Arme, viele Arme, geben, das ist das Motto des Gesetzes. Damit wurden ganze Branchen zu Lohn-Kaputt-Branchen gemacht, Menschen flogen aus ihren Jobs und wurden teilweise in 1-EURO-Jobs, teilweise in der Zeit- und Leiharbeitsbranche zu drastisch niedrigeren Löhnen und Entgelten wierdereingestellt.

    Dass damals fast 90 Prozent des Bundestags für dieses Gesetz stimmten, zeigt, wie wenig Verstand, Expertise und rationale Kalkulation hinter dem Gesetz und vor allem hinter der SPD und ihrer Agenda 2010 stand.

    Wenn Menschen dauerhaft verarmen, oder verarmen und dabei noch arbeiten, fast immer auf staatliche Zuwendungen angewiesen sind, wenn Schwarzarbeit, Spenden, private Wohlfahrt und Gebrauchtbörsen/-märkte eine Pflicht zum Überleben sind, dann steht es schlecht um ein Land.

    Die Anzahl der Menschen, die tatsächlich eine Arbeit suchen oder sich bewerben, soll bei ungefähr 8 Mio. liegen. Nicht etwa 3,5 Mio. oder 4, sondern in dieser Größenordnung, weil die Menschen nach Arbeit suchen, von der sie leben können.

    Das war mal anders.

    Und das war nicht unbedingt ein Paradies, aber vor 30 oder 40 Jahren konnte normale Menschen von einem Lohn als Portier, Putzfrau, Kiosk-Aushilfe oder Bote tatsächlich leben. Und heute bezuschußt der Stadt diese Tätigkeiten und drückt höchstselbst die Löhne - ganz legal.

    Na und wenn schon. Das Urteil sagt doch nur ein: Die Politik entscheidet und das hat sie - gegen Arbeitslose, gegen Kinder und Jugendliche - für Armut, Niedriglöhne, für sozialen Abstieg und für Auswanderung. Aus Deutschland ergreifen immer noch Fachkräfte die Flucht in bessere, stabilere und höhere Löhne. Aber die EURO-Krise bremst da wenigstens etwas ab, denn wer will sich heute noch in Irland oder Griechenland, Protugal oder Spanien verwirklichen. Man müsste ja blöd sein ...

    Aber das Schlimme ist, dass kaum eine Partei begreifen will, dass Hartz für das Gemeinwesen Gift ist. Umdenken wäre gut, aber wer sich durchliest, was SPD, Grüne und CDU miteinander besprechen, der erkennt gar keinen Willen aus den Sünden der Vergangenheit zu lernen.

  • E
    esping

    Die Vermischung von Arbeitnehmersozialsystem und

    universellem Sozialsystem liegt offenbar im Interesse

    sowohl der Tarifparteien als auch der Politiker.

    Das ALG 1 und die Arbeitsvermittlung sollte von

    Arbeitnemervertretern verwaltet werden.Nur dadurch

    kann ein stück mehr Machtbalance wieder hergestellt werden.

  • P
    paufg2000

    Der Staat und damit die Politik hat belogen und betrogen! Hat die Menschen betrogen, die vor HARTZ IV Arbeitslosenhilfe bezogen haben und die die sogenannte 58-er Regelung unterschrieben haben, die ihnen einen ungekürzten Bezug der Alhi bis zum Eintritt in eine ungekürzte Rente garantierte.

    Ohne Übergangsregelung wurde dieser Vertrag mit dem Staat Deutschland seitens der Bundesregierung gekündigt - trotz vielgepriesenem Vertrauensschutz. Viele der Betroffenen sind dann in die Rente mit 60 ausgewichen - verbunden mit einem Abschlag von fast 20% - um dem entwürdigenden HARTZ IV - Verfahren, heute v.d.LEYEN I als 'Nachfolgemodell' zu entgehen.

    Eine erste Klage von acht Personen, zu denen der Verfasser gehörte, wurde vom BVG nicht angenommen. Der damalige Verfassungsrichter v.Stein verwies bereits im Vorfeld in der Presse auf den Instanzenweg: Jeder für sich und der Staat gegen alle!

    Und nun fallen die schäbigen zwar, aber kleinen Rettungsanker für manchen auch noch weg. Die 1-€-Jobs werden zu 80 % aufgelassen.

  • H
    hto

    "Ein Facharbeiter hat 30 Jahre geackert und brav Beiträge für die Arbeitslosenversicherung gezahlt. Dann verliert er seinen Job. Ist es ..."

     

    Schon im ersten Satz wird das Dilemma der leichtfertigen Kapitulation vor der Systemrationalität deutlich, denn es ist offenbar vertretbar, daß er seine Arbeit verliert, daß Arbeitslosenversicherung wie Steuern bezahlt werden muß, daß "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei" auch weiterhin die Grundfesten des "gesunden" Konkurrenzdenkens im nun "freiheitlichen" Wettbewerb um ... sind, usw., somit ist jede weitere symptomatische Maßnahme auch RECHTENS UNGERECHT!?

  • V
    vic

    Die Mittelschicht ist auch nur Unterschicht - die Unterschicht der Oberschicht.

  • A
    Anonymous

    Toller Rechtsstaat:

    "Die bloße Erwartung, das geltende Recht werde auch in Zukunft unverändert fortbestehen, sei vom Grundgesetz nicht geschützt, erklärten die Richter. Die Verfassung gewähre keinen Schutz vor der nachteiligen Änderung der Rechtslage."

  • JS
    Jack Salinger

    Deshalb heissen diese Menschen bei der Arge auch Fall-Manager. Sie managen den Fall - also Absturz - ihrer Kunden.

  • MN
    My name (female)

    Sehr guter Kommentar!

     

    An diesen Konstruktionen wird die Akzeptanz des Sozialsystems in seinen Grundfesten erschüttert.

     

    Warum wird zB eine 56 jährige Frau, die evtl, 2 Kinder grossgezogen hat und immer gearbeitet hat mit dem gleichen Satz abgespeist, wie zB ein 18 jähriger, der keine Lust auf Schule oder Arbeit hat.

     

    Ungerecht!