Kommentar Hamburger Senat: Hauptsache loyal
Fachliche Eignung ist für Olaf Scholz nur eine willkommene Zugabe. Seine oberste Priorität ist absolute Loyalität. Nur die garantiert ein unfallfreies Regieren - die Bedingung dafür, dass aus der Kanzler-Kandidatur 2017 etwas wird.
E s ist lange her, dass ein Sozialdemokrat derart autokratisch über sein Regierungsteam entscheiden konnte wie nun Olaf Scholz in Hamburg: Er hat die absolute Mehrheit geholt, was für die SPD schon lange nichts Gewöhnliches mehr ist.
Und schon vorher hatte er den am Boden liegenden Genossen absolute Ergebenheit abverlangt, damit er sich als ihr Retter zur Verfügung stellt.
Es war mehr als ein Detail, dass Scholz sich erst zum Ersten Bürgermeister wählen ließ, dann Partei und Fraktion in die Skiferien schickte, um im verschlossenen Kämmerlein in aller Ruhe sein Team zusammenzubasteln, ohne sich von irgendwem reinreden zu lassen: Es war eine Machtpose.
Hätte man im Ergebnis mehr erwarten können? Natürlich hätte Olaf Scholz bundesweit Top-Experten einkaufen können, ob mit oder ohne Parteibuch.
Keiner hätte dagegen revoltiert. Und dem Vernehmen nach hat Scholz auch versucht, erheblich größere Räder zu drehen. Aber es ist eben nicht für jeden attraktiv, Dezernent in einer Großkommune zu werden.
Scholz kann trotzdem zufrieden sein. Denn fachliche Eignung ist für ihn nur eine willkommene Zugabe. Seine oberste Priorität ist absolute Loyalität. Nur die garantiert ein unfallfreies Regieren - die Bedingung dafür, dass aus der Kanzler-Kandidatur 2017 etwas wird. Und mal ehrlich: Wofür braucht ein Bürgermeister eigentlich Spitzenpersonal, wenn er ohnehin alles selbst kann?
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