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Kommentar Grüne und Innere SicherheitErfreulich besonnen

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Die Grünen wollen in der Debatte um Innere Sicherheit für Grund- und Freiheitsrechte eintreten. Das ist gut. Doch wie lange hält das Vorhaben?

Die Kernthemen interessieren gerade niemanden? Die Grünen versuchen's mit Besonnenheit Foto: dpa

K limawandel, Energiewende, ökologische Modernisierung – wen interessieren derzeit schon klassisch grüne Themen? Die Diskussion über die innere Sicherheit überlagert alles, Angst bestimmt den öffentlichen Diskurs. Es ist die Hochzeit derer, die die allgemeine Stimmungslage mit martialischer Law-and-Order-Rhetorik bedienen und unablässig nach Gesetzesverschärfungen rufen – selbst wenn es sich nur um Placebos zur Beruhigung der Öffentlichkeit handelt. Weniger populär ist hingegen der Hinweis, dass es ein Irrweg ist, auf Gefährdungen mit immer weitergehenden Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte zu reagieren.

Gerade in einer solchen Situation ist eine konsequente Bürgerrechtspartei notwendiger denn je. Doch die Grünen, die sich stets als solche verstanden haben, tun sich schwer. Die Verunsicherung ist groß, wie nicht zuletzt das geradezu panische Abrücken von ihrer Vorsitzenden Simone Peter gezeigt hat, nur weil die das eigentlich Selbstverständliche gewagt hatte: nach der Verhältnismäßigkeit eines Polizeieinsatzes zu fragen. Nichts fürchtet die Partei mehr, als das Image eines Sicherheitsrisikos angehängt zu bekommen.

Umso erfreulicher ist der Beschluss, den die grüne Bundestagsfraktion jetzt auf ihrer Neujahrsklausur zum Thema Innere Sicherheit gefasst hat. Zwar lässt er keinen Zweifel daran, dass die Grünen die subjektiven Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung sehr wohl ernst nehmen. Zum anderen versucht die Fraktion aber den Anspruch nicht aufzugeben, den Grund- und Freiheitsrechten verpflichtet zu sein – und verweigert sich dem von ihr angeprangerten „populistischen Verdrängungswettbewerb“. „Wer bereit ist, die Freiheit für mehr Sicherheit zu opfern, wird am Ende beides verlieren“, heißt es in dem Beschluss.

Allerdings sollte man sich nichts vormachen: Es ist ungewiss, wie lange sich die Grünen noch dieses wahren Satzes erinnern werden, je näher der Wahltermin rückt.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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3 Kommentare

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  • Ich wage eine Prognose: Je stärker das Thema Innere Sicherheit in den Fokus kommt, desto mehr verlieren die GRÜNEN an Wählerstimmen. Die Grünen haben sich als CDU-lite positioniert und bei so harten Themen, wie der Inneren Sicherheit folgen sie dieser strategischen Zielsetzung nicht, aber gerade hier kann die CDU-Kopie nur bestehen, wenn Sie keine "alternative" Sicherheitspolitik macht. Das ist der Preis für den Kampf um die Mitte, in dem jede Partei zum "Einheitsbrei" mutiert.

  • Ich denke, die Grünen werden es dieses Jahr schwer haben. Sie stehen nach wie vor für Multikulti und werden verantwortlich gemacht für steigende Strompreise. Das Wahlergebnis wird dementsprechend sein und eine rot rot grüne Regierung wird nicht zustande kommen.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Das große Geschrei wie seinerzeit beim Veggie-Day lässt nicht lange auf sich warten.

    Für die Mitterechts-Antigrünkoalition eine Steilvorlage gegen den eigentlich guten Willen der Grünen und für die Ablenkung vom eigenen Versagen.