Kommentar Griechenland: Parade der dummen Vorschläge
An den Kosten für die Rettungsaktion sollten auch die Besitzer von griechischen Staatsanleihen beteiligt werden. Dieser Vorschlag der SPD erscheint plausibel.
D ie absurden Ideen häufen sich, wie die Griechenland-Krise zu bewältigen wäre. Am dümmsten agieren einige CSUler, die die Griechen aus dem Euro werfen und zur Drachme zurückzwingen wollen. Der Staatsbankrott wäre sicher: Die Drachme würde abstürzen, und Griechenland könnte seine Euro-Anleihen nicht mehr bedienen.
Plausibler scheint eine Idee, auf der vor allem die SPD herumreitet: An den Rettungskosten seien auch jene Anleger zu beteiligen, die griechische Staatsanleihen besitzen. Für diesen Vorschlag spricht immerhin, dass sich diese Anleihen schon jetzt nur mit Verlust verkaufen lassen.
Wer derzeit eine 10-jährige griechische Staatsanleihe loswerden will, bekommt nur noch etwa 80 Prozent des Nennwerts. Da mag es naheliegend wirken, dass die Anleger Griechenland einen Schuldenerlass von 20 Prozent gewähren sollen.
Ulrike Herrmann ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.
Seltsam ist jedoch bereits, dass dieser Vorschlag ausgerechnet von der SPD kommt. Denn unter ihrem Finanzminister Peer Steinbrück wurden diverse deutsche Banken gerettet, ohne dass damals die Gläubiger beteiligt wurden - ja, noch nicht einmal ihre Namen wurden verraten.
Daher kann man nur spekulieren, dass zum Beispiel die Deutsche Bank indirekt mit Milliarden gestützt wurde, weil sie ihre Forderungen an die Pleiteinstitute nicht abschreiben musste.
Vielleicht will die SPD ja aus ihren Fehlern lernen, aber dann lernt sie leider zum falschen Zeitpunkt: Wenn die Gläubiger bei Griechenland zuzahlen müssen, dann werden sie auch nicht mehr bereit sein, anderen Pleitekandidaten wie Spanien, Portugal oder Großbritannien Geld zu leihen - oder nur gegen sehr hohe Risikoaufschläge. Ergebnis: Griechenland wäre nur der erste Rettungskandidat gewesen.
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