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Kommentar GriechenlandParade der dummen Vorschläge

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

An den Kosten für die Rettungsaktion sollten auch die Besitzer von griechischen Staatsanleihen beteiligt werden. Dieser Vorschlag der SPD erscheint plausibel.

D ie absurden Ideen häufen sich, wie die Griechenland-Krise zu bewältigen wäre. Am dümmsten agieren einige CSUler, die die Griechen aus dem Euro werfen und zur Drachme zurückzwingen wollen. Der Staatsbankrott wäre sicher: Die Drachme würde abstürzen, und Griechenland könnte seine Euro-Anleihen nicht mehr bedienen.

Plausibler scheint eine Idee, auf der vor allem die SPD herumreitet: An den Rettungskosten seien auch jene Anleger zu beteiligen, die griechische Staatsanleihen besitzen. Für diesen Vorschlag spricht immerhin, dass sich diese Anleihen schon jetzt nur mit Verlust verkaufen lassen.

Wer derzeit eine 10-jährige griechische Staatsanleihe loswerden will, bekommt nur noch etwa 80 Prozent des Nennwerts. Da mag es naheliegend wirken, dass die Anleger Griechenland einen Schuldenerlass von 20 Prozent gewähren sollen.

Bild: taz

Ulrike Herrmann ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Seltsam ist jedoch bereits, dass dieser Vorschlag ausgerechnet von der SPD kommt. Denn unter ihrem Finanzminister Peer Steinbrück wurden diverse deutsche Banken gerettet, ohne dass damals die Gläubiger beteiligt wurden - ja, noch nicht einmal ihre Namen wurden verraten.

Daher kann man nur spekulieren, dass zum Beispiel die Deutsche Bank indirekt mit Milliarden gestützt wurde, weil sie ihre Forderungen an die Pleiteinstitute nicht abschreiben musste.

Vielleicht will die SPD ja aus ihren Fehlern lernen, aber dann lernt sie leider zum falschen Zeitpunkt: Wenn die Gläubiger bei Griechenland zuzahlen müssen, dann werden sie auch nicht mehr bereit sein, anderen Pleitekandidaten wie Spanien, Portugal oder Großbritannien Geld zu leihen - oder nur gegen sehr hohe Risikoaufschläge. Ergebnis: Griechenland wäre nur der erste Rettungskandidat gewesen.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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3 Kommentare

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  • A
    Alexander

    "Wenn die Gläubiger bei Griechenland zuzahlen müssen, dann werden sie auch nicht mehr bereit sein, anderen Pleitekandidaten wie Spanien, Portugal oder Großbritannien Geld zu leihen - oder nur gegen sehr hohe Risikoaufschläge."

     

    Ach komisch, ich dachte genau daher wären die Zinszahlungen für griechische Schuldverschreibungen schon seit vielen Jahren das doppelte bis dreifache dessen gewesen, was für deutsche Staatsanleihen gezahlt wird?

     

    Und jetzt, wo der Risikofall eintritt, muss man natürlich rettend eingreifen, weil ja die armen Banken sonst hohe Verluste einfahren würden und in Zukunft nur noch gegen noch höhere Risikoaufschläge Geld verleihen würden.

     

    Wenn man rechnet, dass die Banken in den letzten Jahren 3-4% Risikoaufschlag kassiert haben, macht das bei 5jährigen Bonds wie sie jetzt fällig werden 15-20% Risikoaufschlag, den die Banken kassiert haben. Das wäre fast genau das, was jetzt verloren ginge, wenn nicht mit unseren Steuergeldern eingegriffen würde.

     

    Super, dass man den Banken die tollen Gewinne aus solchen Geschäften nicht vermiesen will, und dafür lieber uns Staatsbürger bluten lässt.

     

    Super, dass Leute wie Ulrike Herrmann den Schmarn auch noch glauben.

  • C
    claudia

    Der SPD-Vorschlag muß ja nicht ernst gemeint sein. Hauptsache, er wirkt populär.

    Am 10. Mai könnte das vergessen werden...

  • J
    jugen

    wenn man das große Ganze aus den Augen verloren hat und weiterhin nur an Symptomen herumbastelt, haben Sie mit Ihrem Artikel sicher nicht unrecht.

     

    Es wäre ganz sicher nicht "schlau" die Situation der Staatsanleihen der PIIGS Staaten weiter zu verschärfen.

     

    Aber ist das auch "richtig"?

     

    Oder verschiebt es das eigentliche Problem nicht vielmehr in die (wahrscheinlich nicht mehr so ferne) Zukunft?

     

    Sicher ist, dass wir mit Ihrer wirtschaftspolitischen Auffassung die Kredite und Milliardengewinne von Herrn Ackermann und Co. sichern.

    In einer Marktwirtschaft tragen die Protagonisten die Verantwortung und das Risiko ihres Handelns vor allem wenn (wie sich ja bereits herausgestellt hat) ihre Handlungsweise auf Tarnen, Tricksen und Täuschen besteht. Das gilt für Bürger, Unternehmen und Konzerne. Nicht aber für Banken die sich zur Zeit in einem scheinbar rechtsfreien Raum bewegen.

     

    Das ganze System ist gescheitert und ein echter Schnitt fällig. Das wäre aus Sicht der momentanen Profiteure zwar nicht schlau aber ganz sicher richtig.

     

    Sollte Ihrer Redaktion nun aufgrund solcher Artikel eine Einladung Ackermann´s, zu seiner nächsten Party im Kanzleramt, reinflattern dann werden Sie sicher das Gefühl haben richtig schlau zu sein.

     

    Ich allerdings würde Ihre Ansichten in der Mappe der "Parade der dummen Vorschläge" abheften.