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Kommentar GriechenlandDie Angst vor dem Abstieg

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Egal, was nun kommt in Griechenland – für die meisten wird es weiter abwärts gehen. Für die Demokratie ist das gefährlich.

A then brennt. Die Bilder, die wir aus Griechenland erhalten, vermitteln den Eindruck einer in den Grundfesten erschütterten Gesellschaft. Da werden abtrünnige Parlamentarier reihenweise aus ihren Fraktionen ausgeschlossen. Über 100.000 Menschen demonstrieren in der City. Läden, Kinos, ja ganze Gebäude gehen in Flammen auf, in Brand gesetzt von wütenden Menschen.

Tatsächlich mögen die Brände die Tat einer kleinen Minderheit sein. Die Mehrheit der Bevölkerung wirft keine Molotowcocktails, aber sie sieht sich in einem nicht auflösbaren Dilemma. Für den Fall eines Staatsbankrotts fürchtet man die Wiedereinführung der Drachme, weil jeder weiß, dass damit eine extreme Verarmung verbunden wäre. Viele Menschen ängstigt aber genauso die nun beschlossene Erfüllung der Direktiven aus Brüssel, weil auch diese mit einem Wohlstandsverlust verbunden sind. So oder so - es geht weiter abwärts. Diese Alternativlosigkeit trägt nicht zur Stärkung von Demokratie und Zivilgesellschaft bei.

Zugleich steht das bisherige Parteiensystem vor dem Bankrott. Konservative wie Sozialdemokraten schufen über Jahrzehnte hinweg einen Klientelismus, um die eigenen Anhänger mit Wohltaten zu versorgen. Das waren vor allem Posten im öffentlichen Dienst. Jetzt, wo dieses Selbstbedienungssystem nicht mehr aufgebläht werden kann, sondern endlich abgebaut wird, es also nichts mehr zu verteilen gibt, entfallen auch wesentliche Gründe für die Wahl dieser Parteien.

Bild: taz
KLAUS HILLENBRAND

ist Ko-Leiter des Ressorts taz.eins.

Im anstehenden Wahlkampf werden sich diese Parteien wohl dennoch wieder gegenseitig mit Versprechungen übertrumpfen. Nur stoßen diese bei vielen Griechen auf taube Ohren. Und die Leute haben damit recht. Das kann eine Chance für alternative Gruppierungen werden, die mit dem Klientelsystem endgültig brechen wollen. Doch auch sie wissen keinen einfachen Weg aus der Wirtschaftskrise - weil es keine einfachen Lösungen mehr gibt.

Nicht zu unterschätzen ist die Gefahr, dass nun Rattenfänger vom Kollaps des Vertrauens profitieren, seien es die altstalinistischen Kommunisten oder die rechten Nationalisten. Mit ihrer rigiden Sparpolitik, die auf Investitionshilfen gänzlich verzichtet, helfen europäische Politiker diesen Kräften erst recht auf die Beine.

Nein, es besteht keine Gefahr, dass in Griechenland eine Diktatur entsteht. Aber gute Zeiten für die Demokratie sind das wirklich nicht.

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taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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8 Kommentare

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  • AM
    Andreas Marcatos

    @Ion,

    Ich haette Ihnen geglaubt, wenn Sie ein paar Woerte

    fuer die Diktatur der Maerkte geschrieben haetten, und vorallem ein paar Woerter ueber das zertretten jeder Form von Demokratie seits Merkozys, wenn hinter geschlossenen Tueren ueber die Zukunft Europas entschieden wird und keiner wird gefragt.

     

    Griechenland ist nicht der Grund sondern der Anlass eines duesteren Zukunfts in Europa.

     

    Nein mein Herr ihre Abbitionen ueberzeugen mich nicht auch wenn Sie in manches Ihnen Recht gebe.

     

    @J. Riga

    Sie sind ein Ultranationalist und Sie sollen endlich kappieren dass ihr Land von keiner griechichen Regierung ohne geographische Bezeichnung anerkannt wird. Und das weil das Problem in Mazedonischen Raum wurde laut UNO 1913 geloest auch wenn die Slavo-Bulgaro-Mazedonen nicht gluecklich damit waren. Ihrer Ultranatinalistischer und rassistischer Hass gegen Griechen hat seine Wurzeln zu den Bulgarischen Panslavismus von 1912 in Balkan. Sie sollen akzeptieren dass heuter 95% des historischen Mazedoniens seit 100 Jahren griechisches Boden ist und Skopje zu Mazedonien gehoerte weil der bulgarischer Nationalismus es so willkuerlich seit 1878 so wollte.

  • V
    Volkswirtschaftler

    Die Analyse überzeugt - aber die Schlussfolgerung?

    Solange jede Gruppe die anderen betrügen will, gern den Staat, noch lieber die EU-Staaten, helfen gegen diese Sucht keine endlosen Geldgeschenke: „Im anstehenden Wahlkampf werden sich diese Parteien wohl dennoch wieder gegenseitig mit Versprechungen übertrumpfen.“(taz)

    Die harte Sparpolitik der Geldgeber zu verbinden mit effektiver Investitionsförderung, geht nicht ohne vertrauenswürdige Partner im Land.

    Ein fürchterliches Dilemma: Solidarität im Land oder Gemeinsinn über die jeweilige Nachbarschaft hinaus entsteht wohl erst aus Resten an Nationalstolz nach Rückkehr zur Drachme. Erst dann könnte Geldhilfe mehr nutzen als schaden.

  • A
    Anastasia

    Aaaha!!Schoen wieder dieser Griechenhasser J.Riga

     

    Er ist Slavo-Bulgaro-Mazedonischer Ultranationalist.

     

    Keine Panik Liebe Leute!!!!Einfach ignorieren!!!

  • A
    afrodite

    "Aber gute Zeiten für die Demokratie sind das wirklich nicht"

     

     

    Ja wenn Merkel und Sarkozy allein hinter geschlossenen Tueren ueber die Zukunft Europas entscheiden gebe ich Ihnen Recht herr Hillenbrand "gute Zeiten fuer die Demokratie sind das wirlich nicht.

  • A
    afrodite

    @J.Riga

    Du bist ein bekannter Slavbulgaromazedonischer Ultranationalist und Fashist, sehr bekannt in Taz-Foren.

     

    Slavo-Bulgoromazedonische Faschisten, Tuerkische Grauewoelfe in Kooperation gegen Griechenland.

     

    Viele Slavo-Bulgaro-Vmro Ultranationalisten und Faschisten wie J.Riga sehen heute eine Moeglichkeit mein Land zu zwingen.

     

    Zu Ihnen darf ich laut sagen

     

    2.500.000 Griechische Mazedonier die in 95% des historischen Mazedoniens leben werden immer weiter es ablehnen von 1.200.000 Slaven Bulgarischer Herkunft sich international zu vertretten.

     

    Griechenland wird niemals ihren Multinationalen Staat anerkennen ohne geogrophischer Bezeichnung. NIEMALS.

     

    95% Mazedoniens ist griechischer Boden und was Sie als "United Macedonia" bezeichnen war der Traum eines Grossen Bulgariens in Balkan. Ihr spricht bulgarisch, ihr habt bulgarische Nammen und bulgarische Helden, die Geschichtsbuecher bezeichnen Euch Bulgaren, Hoeren Sie auf die Kulturelle Erbe aller ihrer Nachbarn zu klauen.

     

    Und Sie sollen sicher sein Griechenland wird ueberleben aber keine Griechische Regierung wird die Gruewski-Vmro-Faschisten anerkennen.

  • JC
    Johnny Cynic

    Du solltest Dich, "J.Riga", zuerst umfassend informieren bevor Du Dich zu einem Thema äusserst.

    Es ist die Türkei die die Grenzstreitigkeiten um griechische Inseln entfacht und die die griechische Minderheit im von ihr besetzen Teil Zyperns, welches zudem ein von Griechenland unabhängiger Staat ist, unterdrückt.

    Soll ich Dir vielleicht einen Atlas schenken oder kannst Du Dich selbst kundig machen?

  • I
    ion

    Einspruch.

    Wie Sie zutreffend über "das bisherige Parteiensystem" in Griechenland schreiben: "schufen über Jahrzehnte hinweg einen Klientelismus, um die eigenen Anhänger mit Wohltaten zu versorgen. Das waren vor allem Posten im öffentlichen Dienst.";

    Und im Abgang:

    "Nein, es besteht keine Gefahr, dass in Griechenland eine Diktatur entsteht. Aber gute Zeiten für die Demokratie sind das wirklich nicht.";

     

    Wenn ein Land wie Griechenland nach einer menschenverachtenden, faschistoiden Militärdiktatur (1967 - 1974) über Jahrzehnte durch "Klientelismus" und Korruption(!) 'regiert' wurde, wird, verwundert es mich doch sehr, dass überhaupt noch jemand, resp. immer wieder von "Demokratie" kontextuell jenes Landes geschrieben wird! Aber hier bahnt sich wohl 'nur' die im europäisch-'kulturellen' Unterbewußtsein nach wie vor allen Alters & Ortes mantrisch eingepaukte, weit verbreitete Konditionierung ihren Weg, die ja auch zur unkritischen Aufnahme jenes Landes mit vorgeblich bedeutender Geschichte: 'Wiege Europas' und 'Erfinder der Demokratie' in die EU & den EUR führte, was den autochthonen Polit-Hampelmännern und Oligopolisten ja erst ihr leichtes 'Regierungs'-Spiel, dass antizipierbar insbesondere zum Verderben des 'Kleinen Mannes' führen würde, ermöglichte!

    Insofern "besteht" also auch "keine Gefahr" (für die dort definitiv seit Jahrzehnten, wenn nicht seit Jahrhunderten abwesende Form jeglicher zeitgenössischen Demokratie), sondern eine so günstig wie nie erscheinende Gelegenheit zur Katharsis aller, v.a. derjenigen, die immer noch am weit verbreiteten National-Stolz u./o. staatsimmanenten Orthodoxen Christentum wiederkäuen.

    Derzeit scheint es nicht nur vollkommen offen, sondern ist eher zu bezweifeln, ob Griechenland sich endlich 'neu (er-)finden' will — und nur ggf. (Madonnas´) Unterstützung verdient!

  • J
    J.Riga

    Eine Gesellschaft, die sich darin gefällt, arme Nachbarländer zu schickanieren (Mazedonien; absurder Namensstreit,- Türkei, Streit um Ägäisrechte,- Zypern, Repression gegen die Inseltürken) hat kein 'anrecht auf unser Mitgefühl. wenn sie jetzt die verdiente Quittung für ihre Frechheiten und Unverschämtheiten bekommt.

    Gesegnet seien die Griechen? (DAS leben des Brian)