piwik no script img

Kommentar GriechenlandAlter Wein in neuen Schläuchen

Kommentar von Klaus Hillenbrand

In Griechenland sind nach der Wahl die Konservativen am Ruder. Die neue Regierung verspricht viel. Das könnte neue Enttäuschungen produzieren.

G riechenland hat vor einer Woche die Konservativen in die Regierung gewählt. Das heißt: Das Land stellt weder den Kapitalismus als solches noch die Regeln internationaler Schuldenrückzahlungen im Speziellen infrage.

Griechenland hat aber auch einer der korruptesten Politikerkasten der Welt eine neue Chance gegeben, die durch Misswirtschaft und Klientelpolitik erst dafür gesorgt hat, dass das Land finanziell vor dem Ruin steht. Die ersten von der Regierung verkündeten Maßnahmen sprechen nicht dafür, dass diese Kaste irgendetwas dazugelernt hat.

Denn die Regierung ergeht sich wie gehabt zunächst einmal in Ankündigungen von Geschenken und Versprechungen. Die Löhne sollen steigen, die Renten sowieso und das Arbeitslosengeld wird verlängert. Zudem will man im öffentlichen Dienst niemanden entlassen. Diese Vorschläge sind sehr konkret.

Bild: taz
KLAUS HILLENBRAND

ist Co-Leiter des Ressorts taz1.

Wesentlich wolkiger wird es, wenn es darum geht, etwas an den verkrusteten Strukturen zu verändern. Samaras verspricht weitere Privatisierungen – als ob es bisher schon welche gegeben hätte. Er kündigt eine Finanzreform an – auf die Europa schon lange genug wartet.

Durchsichtiges Spiel

Um Missverständnissen vorzubeugen: Selbstverständlich ist die finanzielle Lage vieler Griechen furchtbar. Jedoch: Es ist ein durchsichtiges Spiel, unbezahlbare Wohltaten zu versprechen, und, wenn Europa dieser Ausgabenpolitik widerspricht, die Bösen in Brüssel dafür verantwortlich zu machen, wenn diese nicht kommen.

Es ist wohlfeil, keine Entlassungen im öffentlichen Dienst anzukündigen und so die eigene Klientel ruhigzustellen. Dabei benötigt das Land nichts dringender als eine Entschlackung von der überbordenden Bürokratie der Sesselfurzer.

Die Regierung Samaras hat Griechenland mit ihrem Koalitionsvertrag einen schlechten Dienst erwiesen. Wenn sie so weitermacht, provoziert sie nur Enttäuschung in Athen und Zweifel an der Euro-Kompatibilität Griechenlands in Brüssel.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • VB
    Volker Birk

    Privatisierungen haben noch in keinem Land dafür gesorgt, dass die Ausgaben der Bürger gefallen sind, oder sich gar der Service verbessert hat. Wer's nicht glaubt, soll einfach mal die Berliner zu ihrer S-Bahn befragen.

     

    Und in Griechenland herrscht Massenarbeitslosigkeit, knapp 25% sind inzwischen arbeitslos, die Jugendarbeitslosigkeit erreicht 50%.

     

    Klar, da muss man jetzt dringend weiter entlassen. Damit die "Konjunktur anspringt". Ja, wie denn?

     

    Was auf jeden Fall weitergeht, ist der Waffenhandel: der grösste Rüstungskäufer Europas kauft schliesslich in Deutschland und in Frankreich.

     

    Der Autor sollte sich lieber mal die griechischen Verhältnisse anschauen. Man hat das Gefühl, er hat das gar nicht gemacht.