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Kommentar GriechenlandBis die letzte Insel verkauft ist?

Ingo Arzt
Kommentar von Ingo Arzt

Die Schulden Griechenlands sind einfach nachgewachsen. Jetzt kann man das Land nicht einfach wieder zum Friseur schicken, sagt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sinngemäß.

G riechenland muss auf Dauer von anderen europäischen Staaten finanziert werden. Das ist der einzig logische Schluss aus dem Bericht der Troika, soweit bisher öffentlich. Erst in diesem Jahr haben private Gläubiger auf über hundert Milliarden Euro an Schulden verzichtet, binnen kürzester Zeit ist die Maßnahme verpufft. Haircut nannte sich das auf Englisch, der Begriff passt: Die Schulden sind einfach nachgewachsen.

Jetzt kann man das Land nicht einfach wieder zum Friseur schicken, sagt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sinngemäß. Im Prinzip ist das richtig. Griechenland braucht weitere Hilfskredite von IWF und den europäischen Rettungsschirmen.

Sie sind bereits fest einkalkuliert, sonst ist das Land pleite, dann sind deutsche Steuergelder ohnehin weg. Aber wie kann man jemandem Geld leihen, wenn man im gleichen Augenblick weiß, dass er seine alten Schulden nicht zurückzahlen kann? Dann kann man das Geld gleich verschenken. Genau das ist der Punkt.

taz
Ingo Arzt

ist Redakteur des taz-Ressorts Wirtschaft und Umwelt.

Der Schuldenstand des Landes ist hoch, das Land ist schlicht pleite. Die bisherigen Sanierungspläne von EU, EZB und IWF entbehren jeder Logik. Griechenlands Wirtschaft ist durch die Sparpolitik verwüstet, die BürgerInnen frustriert und ohne Vertrauen in ihren Staat. Extremistische Parteien erstarken und unterhöhlen die Demokratie, und kein Investor der Welt interessiert sich für griechische Häfen oder Fluglinien, wenn er nicht weiß, ob das Land nächstes Jahr noch in der Eurozone ist.

Gegenteilige Beteuerungen führender europäischer Politiker genießen international so viel Vertrauen wie die Reichsmark im Jahr 1923. Wie weltfremd müssen IWF, EZB und EU eigentlich sein, in dieser Situation davon auszugehen, Griechenland könne seinen Schuldenstand bis 2020 deutlich senken?

Egal wie man es am Ende nennen wird: Griechenland braucht netto Transferzahlungen, wie auch immer Länge, Höhe und Bedingungen aussehen mögen.

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Ingo Arzt
ehem. Wirtschaftsredakteur
Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.
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13 Kommentare

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  • JK
    Juergen K.

    Wie würden Brüderle und Merkel jetz rufen ?

     

    "Wer hat's gemacht ?"

  • H
    Hannes

    Offenbar hat auch Ingo Arzt gerafft, dass die Energiewende nicht nur ausfällt, sondern ein Verbrechen ist - daher schreibt er jetzt zu anderen Themen. Leider hat er außer "Solar toll, Rest scheiße" nix zu schreiben. Ein sehr schlichter Artikel, sachlich unvorstellbar falsch.

  • M
    matze

    Es kann nicht sein was nicht sein darf.

     

    Griechenland soll im Euro bleiben. Und vor diesem politischen Ziel wird jeder ökonomische Sachverhalt ignoriert.

     

    Der Wohlstand in Griechenland ist zu großen Teilen aus Transferleistungen und Krediten finanziert. Fallen diese weg, so sinkt dieser. Von Einsparungen kann keine Rede sen. Eher werden nun weniger Kredite bewilligt.

     

    Und wegen genau dieser Ignoranz wird das Projekt scheitern.

     

    Hier sei daran errinnert, dass von Deutschlands unmittelbaren Nachbarn die Länder

    Schweden

    Dänemark,

    Tschechien

    Polen

    Schweiz

    nicht den Euro haben.

     

    Niemand würde wohl auf die Idee kommen (so hoffe ich), diese Länder als Gegner Europas zu bezeichnen.

  • N
    naseweiser

    Der Euro-Count-Down läuft weiter . Nicht (allein) wegen Griechenland-Fass-ohne-Boden . Die wirtschaftliche Abwärtsspirale ist es , die nicht zu stoppen ist . Aktuell unübersehbar bei Spanien : die hohe Arbeitslosigkeit mit Lohnsenkung , "Flexibilisierung" des Arbeitsmarktes und "Sparen" beim Staatshaushalt zu bekämpfen bewirkt via schrumpfende Binnenkonjunktur das Gegenteil . Und Wachstum , sprich : Exportüberschüsse ? Wo sollen die herkommen , wenn alle anderen solche auch haben wollen bzw. müßten - ... und gleichzeitig "sparen"?

  • D
    Detlev

    Wie kann die griechische Wirtschaft wachsen? Diese Frage kann momentan niemand beantworten. Und damit steht und fällt eben alles. Als gerade die deutsche Regierung sich weigerte, Griechenland zu helfen, da zerris das Vertrauen der Märkte in den Euro in Athen. Die Folge sind extrem hohe Risikoprämien für Griechenlands Schulden. Und nun schreibt der Kommentator zu recht, dass jeder, der Griechenland Geld leiht, sich gewiss sein kann, dass er das Geld sowieso nicht zurück erhält. Das ist eine Sackgasse und eine teure obendrauf.

     

    Fragt sich, warum Griechenland überhaupt jemals in die EU und den EURO aufgenommen wurde. Ich frage mich auch, warum man Athen immer kräftig aufgerüstet hat, wenn der 'Feind' auch ein NATO-Partner, Türkei, war? Aber das Problem ist ja eher, wo sind die Antworten? Für 2013 gibt's inzwischen auch negative BIP-Wachstumsprognosen, könnte Griechenland erst 2014 wieder auf die Beine kommen?

  • PM
    Peter Meisel

    Erst wurde Deutschland dank Bestechung der Politiker Exportweltmeister. Dann war Griechenland die bestgerüstete Armee (pro Kopf) der Welt und das Schwarz-Geld der Griechen liegt in der Schweiz gemeinsam im Bankfach neben userem?

    Wir erhalten von der EZB Geld für ein Prozent und verleihen es zur Rettung der Griechen für 7 %. Kein Land in Europa erwirtschaftet 7% BIP Wachstum!

    Also wachsen Griechenlands Schulden, was wir geduldig ertragen, denn wir kassieren den Zinsertrag, verbürgt durch den Steuerzahler. Wolfgang Schäuble hat deshalb gefordert, die Zahlung an die Griechen gleich bei uns auf einem Sperrkonto zu lassen. Wir retten uns? Wirklich - ich denke, wir werden den Schierlingsbecher selber saufen? (s. Günter Grass EUROPAS SCHANDE )

  • H
    Hackman3

    Die Linke in Griechenland dürfte für Griechenland die einzige Hoffnungsein. Die traditionellen Parteien haben das Land völlig heruntergewirtschaftet. Sie quetschen den kleinen Mann aus wie eine Zitrone und schonen nach wie vor maximal die Eliten und Ihre Klientele, natürlich mit vollster Unterstützung des europäischen Establishments (einschl. SPD und Grüne).

  • M
    martin

    Dann müssen die Gläubiger eben einfach mal verzichten, mindestens auf die Zinsen. Und sollte es noch Banken oder andere Institutionen geben, deren Eigenkapital nur noch aus griechischen Staatsanleihen besteht - dann ist es eben so. Wenn ich mich im Casino verzocke bekomme ich auch nicht am Eingang mein Geld zurück.

    Das Land soll seinen Schuldenschnitt bekommen, dann hat das peinliche Schauspiel auch endlich mal ein Ende.

  • R
    Remmaloque

    Ich brauche auch dringend Transferleistungen....

  • I
    ion

    "Griechenland muss auf Dauer von anderen europäischen Staaten finanziert werden.

    (....).

    Egal wie man es am Ende nennen wird: Griechenland braucht netto Transferzahlungen, wie auch immer Länge, Höhe und Bedingungen aussehen mögen.";

     

    N E I N !

     

    Entweder wird ein im Grunde seit langem bankrottes und betrügerisches Land wie Griechenland (im Einvernehmen mit den Griechen und um Schlimmeres von der Bevölkerung abzuwenden) endlich durch dessen Gläubiger abgewickelt: das könnte bedeuten, dass das Land der erste europäische, von der EU regierte Staat wird (, z.B. als Sonderwirtschaftszone), oder, sofern die nationalstolzen Griechen derlei nicht wollen, es gehört aus der Euro-Währungsunion, der EU entfernt (und wird ein Fall für die UN, resp. deren (humanitären) Hilfsmassnahmen).

  • AH
    Aldous Hinxley

    Warum sollten Investoren jetzt noch Geld locker machen, wenn die Hoffnung bleibt, daß es mit Drachme 2,3 mal billiger wird? Außerdem nimmt man ja auch nicht jeden Investor. Als 2010 chinesische 37 MRD und Katar 6 MRD locker machen wollten, passte das der EU nicht, obwohl mit diesen Geldern eventuell das Terrorregime der Troika gar nicht nötig gewesen wäre.

    Einen "Schuldenschnitt" gab es auch nie, stattdessen wurden Zinsen verringert und gestreckt, also wäre das dann ein Zinsen- oder Gewinnschnitt. Die Verluste der größten "privaten" Gläubiger, wie griechische Banken, Renten- und Pensionskassen, werden ohnehin ausgeglichen. So gehen fast 25 MRD der erwarteten, arg verspäteten Tranche von 31 MRD an sie und nicht an Griechenland; weshalb auch das Gelabber von einem Sperrkonto eh Schwachsinn ist.

  • MS
    Markus Schulz

    um es kurz zu halten:

     

    wenn griechenland[1] angenommen 20% der fläche, die für desertec gedacht ist, anbieten, könnte es 2050 in etwa 7mrd euro umsatz[2] damit machen und innerhalb von rund vielleicht zehn jahren das frische defizit von 30mrd€ abbauen. selbst phase i des modells erlaubt einen anteiligen umsatz von ~800mio€ pro jahr.

     

    warum ist nicht schon längst die bauphase erreicht, wo der export der energie ( ernstzunehmend ( >500mw ) ) an andere länder existiert, und warum kommt diese arbeitsbeschaffungsmaßnahme in keinem papier vor, das uns präsentiert wird?

     

    [1] Fläche ~130tkm²

    http://de.wikipedia.org/wiki/Griechenland

     

    [2] "Kosten- und Leistungsprognose im TRANS-CSP Szenario"

    http://de.wikipedia.org/wiki/Desertec

  • F
    Friedmann

    ...alternativlose Dauersubvention für die armen Griechen, resp. die finanzierenden Banken?

     

    Nein, der €uro ist schlicht eine Fehlkonstruktion und sollte/muss schnellstmöglich aufgelöst werden. Kostet auch, bringt aber was...

     

    Oder will der taz-Autor von seinem Gehalt einen dauerhaften 10%Soli für Südeuropa zahlen?