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Kommentar Globale MachtverschiebungWashington, Peking und der Rest

Es ist erschreckend: An allen Brennpunkten der Weltpolitik ist derzeit lähmender Stillstand – weil die zwei mächtige Länder mit sich selbst beschäftigt sind.

A m 6. November wählen die USA ihren neuen Präsidenten, zwei Tage später beginnt in China der Parteitag der regierenden KP. Vor wenigen Monaten wurden beide Ereignisse noch als weitgehend vorhersehbar abgehakt: Barack Obama bleibt US-Präsident, und Chinas Kommunisten fahren beim anstehenden Führungswechsel zum neuen Parteichef Xi in vorbereiteten Bahnen. Aber mittlerweile ist die US-Wahl völlig offen, und die jüngsten Machtkämpfe in der chinesischen KP haben erkennen lassen, wie heftig es unter der monolithischen Oberfläche brodelt.

Damit haben Amerikaner und Chinesen ganz unabsichtlich eine lähmende Unsicherheit in den Lauf der Welt gebracht. In Peking treten die Mächtigen just in dem Moment zusammen, in dem der nächste US-Präsident feststehen dürfte. Zum ersten Mal in der Geschichte stehen in den beiden mächtigsten Staaten der Welt gleichzeitig fundamentale politische Entscheidungen an. Vorher ist alles offen. Und solange in Washington und Peking nicht die Würfel gefallen sind, scheint der Rest der Welt zum Warten und zum Zuschauen verurteilt.

In allen derzeitigen Brennpunkten der Weltpolitik herrscht momentan Stillstand. Sei es Syrien, sei es der Klimawandel, ob EU-Krise oder der Arabische Frühling: nirgends sind entschlossene politische Initiativen in Sicht. Derweil können die Verheerungen kontraproduktiver Sparpläne ungestört Europas Mittelmeerländer verwüsten, die dynamischsten Schwellenländer der Welt von Brasilien bis Indien können in internen Skandalen versinken, die ausweglosen Bürgerkriege von Afghanistan bis Kongo können sich verfestigen.

Bild: taz
Dominic Johnson

ist Co-Leiter des Auslandsressorts der taz.

Bei Dauerthemen wie Irans Nuklearprogramm, dem Nahostkonflikt, dem globalen Freihandel und der globalen Armutsbekämpfung geschieht so gut wie gar nichts. Die globalen Finanzmärkte treten trotz Kreditklemme und Investitionsstau auf der Stelle, Europa dreht sich um sich selbst, die Weltpolitik findet weder auf die zunehmende soziale Spaltung noch auf die wachsende Sprachlosigkeit zwischen den Machtblöcken eine Antwort.

Natürlich kann die Bestimmung neuer Staatslenker in den USA und China diese Probleme nicht lösen. Aber sie löst vielleicht eine internationale Denkblockade, die derzeit sogar das Nachdenken über die Zukunft ungewöhnlich schwierig und aussichtslos erscheinen lässt. Es ist erschreckend, dass die Welt Pause macht, weil die zwei mächtigsten Länder gerade ausschließlich mit sich selbst beschäftigt sind.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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1 Kommentar

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  • M
    mike

    schon lustig, da wird immer beklagt das die USA sich überall einmischen, und kaum halten sie sich mal raus ist es auch nicht recht....