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Kommentar Gentech-BaumwolleOhne Information keine Freiheit

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Mehr als 40 Prozent der Baumwoll-Fasern kommt bereits von Gentech-Pflanzen. Eine Kennzeichnung von Gentech-Textilien gibt es jedoch nicht.

Wer ein Kleidungsstück aus Baumwolle kauft, der unterstützt damit häufig die Gentechnik in der Landwirtschaft. Mehr als 40 Prozent der weltweit erzeugten Fasern kommen von Gentech-Pflanzen, wie Umweltschützer am Montag berichteten. Für den Verbraucher ist das vor allem deshalb ein Problem, weil er sich kaum dagegen wehren kann. Schließlich verschweigen die meisten Textilhersteller und -händler auf den Etiketten ihrer Kleidung, ob die Stoffe aus gentechnisch veränderten Pflanzen gewonnen worden.

So kommt es, dass viele Konsumenten unwissentlich die Verbreitung von gentechnisch veränderten Pflanzen fördern. Die Industrie hat ein handfestes Interesse, dass dies so bleibt. Denn zahlreiche Verbraucher würden transgene Baumwolle meiden, wenn sie wüssten, in welchen Produkten sie steckt - und sie haben gute Gründe, das zu tun. Zwar benötigen Gentech-Baumwollpflanzen in den ersten Jahren teilweise weniger Pestizide. Schließlich sind ihre Gene so verändert, dass sie selbst ein Gift gegen den größten Schädling der Pflanzen produzieren: den Baumwollkapsel-Bohrer. Doch nach einigen Jahren ist dieser Effekt vorbei, haben Wissenschaftler der Universität von Arizona festgestellt. Die Raupen würden resistent gegen das Gift, so dass die Bauern doch wieder stärker zur Pestizidspritze greifen müssen.

Gleichzeitig erhöht die transgene Saat die Abhängigkeit beispielsweise von Kleinbauern in Entwicklungsländern. Sie können nicht mehr einen Teil der Ernte als Saatgut für die nächste Saison benutzen. Schließlich wollen Hersteller wie der US-Konzern Monsanto bei jeder Aussaat mitverdienen und verlangen saftige Lizenzgebühren.

Wer sich als Textilkäufer daran nicht beteiligen will, hat derzeit nur wenig Alternativen. Er kann zu Klamotten aus Biobaumwolle greifen, aber das Angebot ist immer noch zu gering. Bis sich das ändert, wird einige Zeit vergehen. Deshalb sollte jetzt der Gesetzgeber eingreifen: Er muss die Textilbranche verpflichten, Gentech-Stoffe auf den Etiketten zu enttarnen. Erst dann können die Verbraucher frei entscheiden. JOST MAURIN

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik und die Lebensmittelindustrie. Journalistenpreis "Faire Milch" 2024 des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. 2018, 2017 und 2014 gewann er den Preis "Grüne Reportage" des Verbands Deutscher Agrarjournalisten. 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis (Essay "Mein Krieg mit der Waffe"), 2013 für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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1 Kommentar

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  • M
    michaelbolz

    Gut. Schön. Und jetzt im Ernst: Es geht in so gut wie allen Lebensbereichen gar nicht mehr anders. Nur durch die Verkünstlichung aller Lebensbereiche von Technik über Gebrauch bis zur Nahrung, ist es möglich, dass wir uns noch nicht die Köpfe einschlagen. Dagegen richten wir uns den Planeten recht lebensunfreundlich ein.

    Wer glaubt, daran durch diese Art "Aufklärung" etwas ändern zu können - Morgen ist nochma Weihnachten.

    Anders ja, so nicht.

    Was sollten wir sonst - ohn´ Wohlstand?