Kommentar Genmais: Widerstand wächst
Genmais bleibt vorerst erlaubt und der Widerstand wächst stetig. Die Poltiker müssen nun umdenken.
D en Namen Mon810 kannte lange Zeit nur eine kleine, verschworene Gemeinde. Obwohl das Unbehagen gegen gentechnisch veränderte Pflanzen auf Acker und Teller seit Jahren groß ist. Doch bislang konnten die Gentechnikkonzerne getrost auf zwei Konstanten setzen: Auf das Gestrüpp des europäischen Gentechnikrechts und auf die eher diffuse Ablehnung der Bevölkerung.
Tatsächlich ist relativ undurchschaubar, welche europäische oder nationale Ebene jeweils verantwortlich sind für Zulassung und Risikoabschätzung von Genpflanzen. Das macht es schwierig, Verantwortliche zu benennen. Zudem ließ sich die Abneigung der Bevölkerung lange als Angst vor einer irgendwie unheimlichen Technologie werten. Aus diesem Gefühl, so das Kalkül der Befürworter in Wirtschaft und Politik, könne kein dauerhafter Widerstand erwachsen, es fehlten politische Adressaten und konkrete Botschaften. Falsch gedacht.
Die Widerstandsbewegung gegen Genmais wächst stetig - und ihre Motivlage ist klar. Die Gentechnikgegner lehnen das Konzept von Landwirtschaft und Ernährung ab, für das die Gentechnik steht. Sie ist nur für Bauern interessant, die mit industriellen Methoden arbeiten, in engem Zusammenspiel mit den großen Chemie- und Lebensmittelkonzernen. Zudem gibt keinen Ausstieg aus der Technik. Sind gentechnisch veränderte Pollen einmal in der Natur, lassen sie sich nicht mehr einfangen. Dem gegenüber setzt die Anti-Gentechnik-Bewegung auf eine ökologische, regional und global gerecht organisierte Landwirtschaft, die gesunde und sichere Lebensmittel herstellt.
Durch ihre Klarheit entfalten die Gegner eine Wucht, vor der die Politik nun zurückschreckt. Vor allem der CSU ist deutlich geworden, dass sie bei ihrem Kurs - auf Sonntagsreden in Pfaffenhofen gegen Genmais wettern und ihn am Montag in Brüssel genehmigen - nicht bleiben kann. Es wird interessant sein zu beobachten, welche Prozesse das in der Agrarpolitik noch freisetzt. Konsequent wäre es, wenn die Agrarministerin auch ihre Haltung zu Massentierhaltung oder Exportsubventionen überdenken würde.
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