Kommentar Gebetsrufe in Israel: Eine Initiative gegen Muslime
Beim Muezzin-Gesetz geht es nicht um Lärmschutz. Es dient dazu, Muslime zu demütigen. Am liebsten wäre es den Hardlinern, wenn sie das Land verließen.
D er Ruf des Muezzin kann, so romantisch er aus der Entfernung empfunden werden mag, zur nachtschlafenden Zeit den nichtmuslimischen Nachbarn einer Moschee durchaus auf die Nerven fallen.
Manch einer, der sonst um die friedliche Koexistenz mit Andersgläubigen bemüht ist, wird sich deshalb insgeheim Hoffnung machen, dass das "Muezzin-Gesetz" schon bald verabschiedet wird - und damit ein für allemal Ruhe einkehrt in Israel. Zumindest, bis der eigene Wecker klingelt.
Die Muslime des Landes hätten der Gesetzreform zuvorkommen müssen. Schließlich tragen auch sie Verantwortung für das friedliche Miteinander der Religionen. Den Lärmpegel auf ein erträgliches Volumen zurückzudrehen ist nicht zu viel verlangt - und sei es für den Preis, ein paar mehr, dafür kleinere Lautsprecher aufzustellen.
Damit hätten die Muslime ihren Gegnern zumindest eine Angriffsfläche genommen. Denn nicht nur die Nachbarn islamischer Gebetshäuser befürworten das Gesetz, das den allmorgendlich über Lautsprecher verbreiteten Gebetsruf unter Strafe stellen soll.
ist Korrespondentin der taz und berichtet aus Israel.
Was umso erstaunlicher ist, da es ein Lärmschutzgesetz, das die Bürger vor allzu rücksichtslosem Krach verschonen soll, in Israel längst gibt.
Anastasia Michaeli ist Abgeordnete der rechtsnationalen Partei Israel Beitenu (Israel ist unser Haus). Ihr geht es nicht um mehr morgendliche Ruhe für die Langschläfer in Jaffa, Ramla oder anderen gemischten Wohngegenden. Ihr Reformvorschlag reiht sich ein in eine Liste von Gesetzen, die sich explizit gegen die arabische Minderheit in Israel richten.
Die etwa ein Fünftel der Bevölkerung ausmachenden Muslime sollen mürbe gemacht werden. Sie sollen sich der jüdischen Mehrheit anpassen. Oder noch besser: aus dem Land verschwinden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
SPD-Linker Sebastian Roloff
„Die Debatte über die Kanzlerkandidatur kommt zur Unzeit“
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los