Kommentar Gaspreis: Märchenstunde bei Glos

Wirtschaftsminister Glos dilettiert in der Energiepolitik - eine wirklich kluge Politik würde Kohlekraftwerke zugunsten moderner Gaskraftwerke verbieten.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos will die Energiekonzerne künftig stärker kontrollieren. Jeden Cent der angekündigten Preiserhöhung müssten die Konzerne dem Bundeskartellamt erklären, so Glos. Außerdem weiß der Bundeswirtschaftsminister auch, warum Gas so teuer wird: Weil immer mehr Kraftwerke ihren Strom aus Gas - und nicht aus Kohle - gewinnen wollten, treibe das die Preise.

Doch ersten kann Michael Glos die Energiekonzerne künftig gar nicht stärker kontrollieren, weil er jüngst ein Energiewirtschaftsgesetz beschlossen hat. Nach diesem wird nur noch der Anteil für die Netzdurchleitung von der Bundesnetzagentur geprüft. Alles andere stellten die Gesetzgeber regelungsfrei. Zweitens folgt der Gaspreis dem Ölpreis stets mit halbjährlicher Verspätung: Beide sind aneinander gekoppelt. Die Versorger folgen mit ihrer Erhöhung des Gaspreises also nur der rasanten Entwicklung des Ölpreises.

Drittens stimmt es leider nicht, das Gas zunehmend verstromt wird. Erst am Freitag beantragte Eon den Bau eines neuen Steinkohlekraftwerkes - den Staudinger Block 6 mit 1.100 Megawatt. Aus Sicht des Klimaschutzes ein Frevel: Aus Gas lassen sich gut 60 Prozent der Energie herausholen, aus Kohle nur gut 40 Prozent. Dafür entsteht beim Verfeuern von Kohle aber doppelt so viel Kohlendioxid wie bei Gas. Und weil Kraftwerkssteinkohle zunehmend gefragt ist, verteuerte sie sich zuletzt stärker als jetzt Gas - das treibt die Strompreise.

Kluge Politik würde also Kohlekraftwerke verbieten zugunsten moderner Gaskraftwerke. Aber solche Weitsicht ist von Wirtschaftsminister Glos nicht zu erwarten: Ursprünglich heute hätte er dem Kabinett eine vernünftige Energiesparverordnung präsentieren sollen, die Mieter gegen steigende Gaspreise wappnen kann. Der ursprüngliche Entwurf wurde aber immer weiter abgeschwächt. So muss in der jetzigen Vorlage etwa deutlich weniger Wärmedämmung verbaut werden als ursprünglich vorgesehen. Sicherlich: In Bayern ist Wahlkampf, das verlockt einen CSU-Politiker, auf Konzerne zu schimpfen und mit Kontrolldrohungen den starken Mann zu mokieren. Wichtig ist deshalb aber klarzumachen: Glos dilettiert jetzt auch in der Energiepolitik.

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Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.

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