Kommentar Friedensnobelpreis: Dämpfer für Chinas Regierung

Der Friedensnobelpreis für Liu Xiaobo ist auch eine Ermutigung für Chinesen, die wie er unter Repressionen leiden müssen, weil sie gegen Ungerechtigkeit aufbegehrten.

Das norwegische Komitee hat klug entschieden und den Friedensnobelpreis zur richtigen Zeit nach China gegeben. Der 54-jährige Liu Xiaobo hat ihn verdient: Er sitzt im Gefängnis, weil er es wagte, laut über ein anderes politisches System nachzudenken, in dem die Bürger keine Angst vor ihrer Regierung haben müssen und das Gesetz für alle gilt. Er setzte sich dafür ein, sein Land friedlich zu verändern. Er glaubt fest daran, dass ein demokratisches und rechtstaatliches China nicht nur gut für die Chinesen ist, sondern für die ganze Welt.

In keinem seiner vielen Artikel und Bücher hat Liu einen gewaltsamen Umsturz gefordert. Im Gegenteil: In all seinen Schriften und den Interviews, die er in den vergangenen zwanzig Jahren nur noch ausländischen Journalisten geben konnte - wenn er nicht gerade im Lager saß oder unter Hausarrest stand -, betonte er die Notwendigkeit, demokratische Spielregeln einzuüben, nichts zu überstürzen und Schritt für Schritt voranzugehen.

Deshalb ist der Friedensnobelpreis auch eine Ermutigung für all die Landsleute, die wie Liu unter Berufsverboten oder Arrest leiden müssen, weil sie gegen Ungerechtigkeit aufbegehrten. Viele Chinesen werden sich nun fragen, wer denn dieser im Ausland so berühmte Mann ist, den die eigenen Fernsehsender und Zeitungen konsequent totschweigen.

Die Regierung in Peking hat versucht, das kleine Norwegen einzuschüchtern, um den Preis für Liu zu verhindern. Gefruchtet hat es nicht.

Die Ehrung aus Oslo ist auch eine Absage an all jene im Ausland, die nicht müde werden, Verständnis für die Repression in China zu wecken und den Mächtigen in Peking nach dem Mund zu reden. Sie sollten jetzt stattdessen für die Freilassung Liu Xiaobos werben, schließlich ist der Mann Friedensnobelpreisträger.

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Bis Anfang 2012 Korrespondentin der taz in China, seither wieder in der Berliner Zentrale. Mit der taz verbunden seit über zwanzig Jahren: anfangs als Redakteurin im Auslandsressort, zuständig für Asien, dann ab 1996 Südostasienkorrespondentin mit Sitz in Bangkok und ab 2000 für die taz und andere deutschsprachige Zeitungen in Peking. Veröffentlichung: gemeinsam mit Andreas Lorenz: „Das andere China“, wjs-verlag, Berlin

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