Kommentar Friedensnobelpreis: Eine grausame Entscheidung
Die Entsorgung der Chemiewaffen wird in Syrien keinen Frieden bringen. Aber sie hilft Assad, seinen Krieg gegen die Zivilbevölkerung fortzusetzen.
A lle sind zufrieden: Der Nobelpreis für das Anti-Chemiewaffen-Komitee der UNO ist prima, diesmal habe Oslo wieder die Richtigen erwählt. Thema abgehakt. Doch die Entscheidung hat Konsequenzen, und die sind blutig.
Die einsetzende Zerstörung von Chemiewaffen befördert den Frieden in Syrien nicht. Im Gegenteil. Die Auszeichnung für die UN-Inspektoren kommt einem der größten Warlords dieser Tage zugute: Baschar al-Assad. Indirekt zeichnet Oslo nämlich ihn aus, immerhin arbeite er so prima mit der Kommission zusammen. Und lässt unterdessen fleißig weiter bombardieren, und zwar nicht nur Rebellenstützpunkte, sondern Schulen, Krankenhäuser, Bäckereien und Wohngebiete.
Das Internationale Rote Kreuz wird nicht müde, auf die humanitäre Katastrophe in Syrien hinzuweisen und auch darauf, dass Assad Hilfsgüter nach Gutdünken an seine Anhänger verteilt. Auch das ist ein Verstoß gegen die Genfer Konvention, sie kümmert den Westen aber nicht.
Doch selbst wenn man sich nicht für die Lebenden interessiert, sondern dabei bleibt, Tote zu zählen, selbst dann stehen 100.000 konventionell Getötete (Aktivisten gehen inzwischen von 140.000 Toten aus) rund 1.400 Giftgasopfern gegenüber. Nur über Letztere zu sprechen, geht an der Situation also brutal vorbei.
Und die Lage wird immer schlimmer. Assad setzt längst nicht mehr auf Gas, sondern auf Hunger und Kälte. Quasi auf Biowaffen, wie auf Webseiten der Assad-Gegner bitter gescherzt wird. Diese werden weiteren Tausenden das Leben nehmen: Denn der nächste Winter steht bevor, und es fehlt an allem, auch an Brot und Brennmaterial. Viele haben ihre Holzmöbel schon 2012 verheizt. Die Zeit arbeitet für Assad – und der Westen mit seiner Fixierung auf die Chemiewaffen schenkt sie ihm.
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