Kommentar Franziskus zur Familienpolitik: Papst mag's peppig
„Gehet hin und mehret euch“ – aber bitte in Maßen. Papst Franziskus ist kein alter klerikaler Knochen. Er nimmt die Sorgen seiner Schäfchen ernst.
ROM taz | So mancher in der Kurie ergraute Prälat, so manche Ordensschwester dürften sanft errötet sein angesichts Franziskus' Ansage, die Schäfchen der Kirche sollten sich nicht „wie Kaninchen vermehren“. So redet einer, der nicht als alter klerikaler Knochen und auch nicht als mit allen Wassern theologischer Feinsinnigkeiten gewaschener Gelehrter durchgehen will, sondern als der gute Hirte, der die wirklichen Sorgen und Nöte seiner weltweit mehr als eine Milliarde zählenden Schäfchen wirklich versteht.
Dass Franziskus hinschaut, dass er die oft bittere Realität, in der viele katholische Gläubige leben, weit deutlicher zur Kenntnis nimmt als das Gros der kurialen Glaubensverwalter – dies darf man diesem Papst gewiss abnehmen. Der Mann beherrscht die Klaviatur des öffentlichen Auftritts – doch der ist mehr als bloß geschickte PR.
Nicht umsonst ist Jorge Mario Bergoglio der erste echte Metropolen-Papst – groß geworden nicht in Marktl am Inn in einem ebenso beschaulichen wie bigotten Landkatholizismus wie sein Vorgänger Benedikt, sondern in der Megalopolis von Buenos Aires mit ihren extremen Gegensätzen zwischen Arm und Reich.
Neu ist deshalb der Ton – doch wie neu ist Franziskus in der Sache? Ein Papst des Volkes will dieser Mann um fast jeden Preis sein, doch ganz gewiss nicht ein „Linker“. Einer gar, der das Kind mit dem Weihwasser ausschüttet. Das zeigt sich jetzt auch in seinen Äußerungen zu Familienplanung und Geburtenkontrolle.
Verantwortung eingefordert
Nicht für die Kirche stellt er Änderungen in Aussicht, nicht die alte Präser- und Pillenphobie hat er beerdigt. Ändern sollen sich wieder einmal die Gläubigen. Sie bitte schön sollen „verantwortlich“ werden und es bei der Fortpflanzung nicht wie die Kaninchen treiben.
Wenigstens eine neue Ansage enthält sein „gehet hin und mehret euch“ mit der Fußnote „aber gefälligst in Maßen“ jedoch durchaus – eine Ansage, die sich an die Gläubigen in vielen Ländern Afrikas oder Südamerikas richtet. Unter diesem Papst gilt es nicht mehr als Ausweis von Gottgefälligkeit, zu Hause einen ganzen Stall voller schreiender Kinder zu haben. Damit bestätigt der Heilige Vater eine Linie, die er auch schon im für vatikanische Standards extrem freundlichen Umgang etwa mit den Schwulen und Lesben eingeschlagen hat.
An der Doktrin mag dieser Mann nicht rütteln. Vorerst, so scheint es, zielt er darauf, sie ein Stück realitätstauglicher zu machen.
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