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Kommentar Franziskus in KubaDer Papst druckst rum

Kommentar von Knut Henkel

Papst Franziskus umkurvt alle heiklen Punkte in seiner Rede in Havanna. Das Wort Opposition nimmt er erst gar nicht in den Mund.

Platz der Revolution, Havanna. Foto: dpa

D iplomatisch ist Papst Franziskus in Havanna aufgetreten: Für alle hatte er ein gutes Wort. Gleich bei seiner Landung in Havanna am Samstag grüßte er ausdrücklich auch die, die er nicht werde treffen können.

Gemeint waren höchstwahrscheinlich diejenigen, die während seiner Visite von den Ordnungskräften auf Distanz gehalten wurden: die Dissidenten. Drei Personen, die sich dem Papamobil auf dem Platz der Revolution am Sonntag vor der Messe nähern wollten, wurden daran gehindert und mussten sich die Rede des 78-jährigen in Polizeigewahrsam anhören.

Mehr Freiheit für die katholische Kirche und weniger Festhalten an ideologischen Positionen lauteten zwei Forderungen an das offizielle Kuba. Die Kirche wolle „das kubanische Volk mit seinen Hoffnungen und seinen Sorgen begleiten, in Freiheit und mit allen notwendigen Mitteln und Freiräumen“, mahnte der 78-Jährige während der Open-Air Messe mit Hunderttausenden auf dem symbolträchtigen Platz der Revolution im Zentrum der kubanischen Hauptstadt.

Jorge Mario Bergoglio, so der bürgerliche Name des katholischen Kirchenoberhaupts, forderte die Kubaner auf zu schauen, was „unser Nächster tut oder nicht tut“. „Wer groß sein will, muss den anderen dienen und sich nicht bedienen lassen“, so der Papst. Schließlich diene man nicht Ideen, sondern dem Menschen, in Anspielung auf die kubanischen Verhältnisse.

Doch die klaren Worte, die sich vor allem Gegner der Regierung von Raúl Castro zu den fehlenden, politischen Freiheiten auf der Insel gewünscht hatten, blieben aus. Ob sie im Anschluss an die Predigt bei den Treffen mit den beiden Castro-Brüdern gefallen sind, ist wenig wahrscheinlich. So könnte die Distanz der kubanischen Opposition zum heiligen Stuhl wachsen.

Dies um so mehr, weil selbst die wenigen Dissidenten, die von der katholischen Kirche zu einem Gottesdienst in der Kathedrale von Havanna eingeladen wurden, von der kubanischen Polizei daran gehindert wurden. So wurden mit Martha Beatriz Roque und Miriam Leyva zwei der geladenen Gäste der Zutritt von der Polizei verwehrt – trotz offizieller Einladung vom Apostolischen Nuntius. Business as Usual in Havanna.

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7 Kommentare

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  • "Drei Personen, die sich dem Papamobil auf dem Platz der Revolution am Sonntag vor der Messe nähern wollten, wurden daran gehindert und mussten sich die Rede des 78-jährigen in Polizeigewahrsam anhören."

    >>> Wo auf der Welt würden Sicherheistdienste anders reagieren?

     

    "Mehr Freiheit für die katholische Kirche und weniger Festhalten an ideologischen Positionen lauteten zwei Forderungen an das offizielle Kuba."

    >>> Ausgerechnet die katholische Kirche fordert das. Ein Verein, wohlgemerkt, der behauptet, eine Jungfrau habe ein Kind zur Welt gebracht.

  • Ein Cubist?

  • Der Begriff "Dissident" ist doch schon seit den sogenannten Bürgerrechtlern aus der DDR verbrannt und bezeichnet heute nur noch die von westlichen NGOs finanzierte Fake-Opposition.

     

    An dem ganzen Prozess der Öffnung und Annäherung sowohl zwischen Kuba und den USA als auch zwischen den osteuropäischen Ländern und dem Westen vor 25 Jahren und den jetzigen Umwälzungen und Reformen in China hatten diese Menschen keinerlei Anteil.

     

    Die tatsächlichen Oppositionellen, deren Haltung und Vorgehensweise meist ergeblich differenzierter, dafür aber auf die jeweilige Situation im Lande angepasster ist, als die von OTPOR/CANVAS trainierten Miet-Demonstranten, wird dadurch leider zurückgedrängt und ausgeschlossen.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    >>Jorge Mario Bergoglio [...] forderte die Kubaner auf zu schauen, was „unser Nächster tut oder nicht tut“. „Wer groß sein will, muss den anderen dienen und sich nicht bedienen lassen“, so der Papst. Schließlich diene man nicht Ideen, sondern dem Menschen, so Bergoglio in Anspielung auf die kubanischen Verhältnisse.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @849 (Profil gelöscht):

      Zitat Artikel: "Jorge Mario Bergoglio [...] forderte die Kubaner auf zu schauen, was „unser Nächster tut oder nicht tut“. „Wer groß sein will, muss den anderen dienen und sich nicht bedienen lassen“, so der Papst. Schließlich diene man nicht Ideen, sondern dem Menschen, so Bergoglio in Anspielung auf die kubanischen Verhältnisse."







      Die Zitate sind falsch wiedergegeben und auch die Paraphrasierung lässt das Wichtigste weg.







      Der Papst fordert gerade nicht auf, zu schauen, was der Nächste tut. Es heißt im Original: "Todos estamos invitados, estimulados por Jesús a hacernos cargo los unos de los otros por amor. Y esto sin mirar de costado para ver lo que el vecino hace o ha dejado de hacer." Deutsch: "Alle sind wir - durch Jesus angeregt - eingeladen, einer dem anderen gegenüber Verantwortung zu übernehmen und dies, ohne über die Schultern zu schauen, was der Nachbar tut oder zu tun unterlässt."







      "Wer groß sein will, möge den anderen dienen, nicht sich des anderen bedienen", steht im Original (spanisch: Quien quiera ser grande, que sirva a los demás, no que se sirva de los demás).







      Und die Paraphrase lautet: "Por eso nunca el servicio es ideológico, ya que no se sirve a ideas, sino que se sirve a las personas." Deutsch: "Deshalb ist der Dienst (am Menschen, d. Red.) niemals ideologisch, weil er nicht Ideen, sondern Personen dient."







      Überhaupt war dies eine Predigt und keine politische Predigt. Insofern waren nur Anspielungen zu erwarten. Und diese sind keineswegs milde ausgefallen, was auch dieses Zitat belegt: "Hay una forma de ejercer el servicio que tiene como interés el beneficiar a los «míos», en nombre de lo «nuestro»." Deutsch: "Es gibt eine Form des Dienstes, die daran interessiert ist, die "Meinen" im Namen von "uns allen" zu begünstigten.







      [...] Kommentar gekürzt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Die Moderation

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @849 (Profil gelöscht):

        Was verstößt bitte gegen die Netikette, wenn ich dem Autor vorhalte, er gebe ein weiteres Beispiel für schlampige Recherche gepaart mit Antiklerikalismus und fehlenden Sprachkenntnissen ab?

         

        Nix! Oder gehört es bei euch mittlerweile dazu, bloße Meinungsäußerungen als Verstöße zu zensieren.

        • Paula , Moderatorin
          @849 (Profil gelöscht):

          Hallo Atalaya,

          sorry, ich habe schlampig übersetzt, aber warum bin ich deshalb gleich antiklerikal? Die Kritik an dem Auftreten des Papstes in Havanna kommt ja von der kubanischen Opposition, die mehr Engagement für ihre Belange von der Kirche einklagt und auf die Welle von Festnahmen über einige Stunden bis zu einigen Tagen hinweist. Diese Praxis dokumentiert die kubanische Kommission für Menschenrechte und nationalen Versöhnung (CCDHRN), die von der kubanischen Regierung geduldet wird. Die vorübergehenden Festnahmen haben seit einigen Jahren extrem zugenommen und stehen für einen Strategiewechsel des Staates, so Miriam Leyva. Sie ist zweimal bei der Papstvisite festgenommen wurde und setzt auf eine aktive Rolle des katholischen Kirche beim gesellschaftlichen Wandel auf der Insel.

           

          Mit besten Grüßen Knut Henkel