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Frucht des Servilität
In der Siegesrede in seiner Heimatstadt Tulle am Wahlabend des 6. Mai 2012 hatte Hollande unter großem Jubel seiner vor allem jungen Anhänger den Erhalt des französischen Sozialmodells und des Öffentlichen Dienstes, soziale Gerechtigkeit und Gleichheit versprochen. Er wolle sich vor allem daran messen lassen, was in seiner Aktion für die junge Generation herausspringt. Er sagte der Austeritätspolitik den Kampf an und wolle dies auch den europäischen Partnern, voran den deutschen, deutlich machen. Stattdessen sieht seine Bilanz ganz danach aus, brav und beflissen die Standpauken aus Berlin befolgt zu haben, endlich Schluß zu machen mit dem sozialen Lotterleben an der Seine und den obsoleten acquis sociaux, wie sie im CNR-Programme mit unverkennbarer kommunistischer Handschrift verankert wurden. Hollande hat mit seinen Steuergeschenken an das Patronariat, der kapitalhörigen Einschränkung der Arbeitskraftgeberrechte, der Absenkung der Rentenkaufkraft usw. geliefert und sich damit zwischen alle Stühle gesetzt. Am Ende seines Quinquennats ist die Linke am Boden, die sozial-demagogische Rechte des Front National gestärkt, ohne gleichwohl die Unersättlichkeit der Arbeitskraftnehmer mit ihren ulraliberalitären Forderungen nach totaler sozialer Unterwerfung zu befriedigen. Fillon kann nun da anknüpfen, wo Hollande in seiner austeritätspolitischen Deutschenhörigkeit auf halben Wege steckengeblieben ist. Die Reaktion der Straße wird nicht auf sich warten lassen.
Die Franzosen haben sich von Hollande wohl mehr Widerspruch gegenüber der deutschen Austeritätspolitik versprochen. Genauso beim innereuropäischen Lohndumping (http://blog.zeit.de/herdentrieb/files/2011/05/Lohnstueckkosten_relativ_zur_EA.gif), der sich dann auch in ungesunden Handelsüberschüssen widerspiegelt (http://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/laender_050809_12059.gif). Dabei sollte ein Teil des deutschen Importes, der durch toll gate Amsterdam kommt bewusst statistisch als innergemeinschaftlich erfasst werden, damit die EU-Überschüsse nicht so unschön aussehen (mal vor Monaten gelesen, finde die Quelle nicht mehr).
Das der politische Gegner es mit Hollande nicht gut meinte ist sicher keine Überraschung. Wenn man aber vor der Wahl der Bevölkerung eine soziale Politik zusichert und nach der Wahl genau das Gegenteil davon macht, hat man nicht nur den politischen Gegner gegen sich, sondern auch die eigenen Leute und das ist gut so. Das die Franzosen, vor allem seine eigenen Leute, François Hollande wegen seiner Wirtschaftsliberalisierung und der angeordneten Kriegseinsätze in die Wüste schicken, ist kein Verschwörung sondern der gesunde Menschenverstand der die Bürger so entscheiden läßt. Wer wählt schon gerne seinen eigenen Metzger zweimal?
Außer der Deutsche, der wählt ihn mit der SPD auch 4x.
Soll der Ukraine erlaubt werden, Ziele tief in Russland mit westlichen Raketen und Marschflugkörpern anzugreifen? Ein Pro und Contra.
Kommentar François Hollande: Sogar das Wetter war gegen ihn
Der Verzicht auf die Präsidentschaftskandidatur ist für Hollande eine logische Konsequenz. Für seine Partei wird es schwer, Ersatz zu finden.
Das einzige, was bei ihm läuft, sind die Regentropfen von der Nasenspitze Foto: ap
François Hollandes Verzicht auf eine Kandidatur ist absurderweise die erste Entscheidung in seiner Präsidentschaft, für die er breite Zustimmung ernten kann. Dieser Verzicht ist die logische Konsequenz seines Misserfolgs.
Hollande war beileibe nicht schlechter als andere Staatschefs vor ihm. Das werden ihm seine Landsleute mit der Zeit in einer etwas weniger emotional gefärbten Bilanz später zubilligen. Er hat es aber in seiner in fünf Monaten zu Ende gehenden Amtszeit nicht geschafft, die Rolle des Staatsoberhaupts so zu spielen, wie sich das die Franzosen und Französinnen offenbar vorstellen.
Ein „normaler Präsident“ wollte Hollande sein. Solange das nur als Absage an seinen geltungssüchtigen Vorgänger Sarkozy gemeint war, kam dieser Slogan an. Die wenigsten seiner Wähler aber wollten, dass er damit wirklich Ernst machen würde. Die konservativen Medien hatten ein leichtes Spiel, ihn von Beginn an als Zögerer und unentschlossenen Weichling zu karikieren.
Da er wegen seiner Reform zur Wirtschaftsliberalisierung und wegen der Sicherheitspolitik auch links auf Widerstand stieß, stand er bald einsam im Kreuzfeuer der Kritik. Sogar das Wetter hatte sich gegen ihn verschworen; bei jedem großen Auftritt sah man ihn klitschnass im Regen. Bestimmt wird ihm jetzt auch noch vorgeworfen, er werfe resigniert wegen einer sonst unvermeidlichen K.O.-Niederlage das Handtuch und sage, mit seinem entfernten königlichen Vorgänger Louis XV.: „Nach mir die Sintflut“.
Angesichts der bisher einzigartigen Unpopularität für einen gewählten Präsidenten hat Hollande die einzig verantwortungsbewusste Entscheidung getroffen und die auch rechtzeitig bekannt gemacht. Sein Verzicht stellt nun vor allem sein eigenes Lager vor die Verantwortung, die Chance des Neubeginns zu nutzen.
Danach sieht es allerdings gar nicht aus. Mindestens ein halbes Dutzend Kandidaten ist bereits im Rennen und alle scheinen finster entschlossen zu sein, sich mit ihren Ambitionen gegenseitig jede Erfolgsaussicht zu nehmen. Auch für dieses Desaster wird man Hollande wahrscheinlich anklagen.
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Kommentar von
Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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