Kommentar Flughafen Tempelhof: Eine Landebahn für Visionen

Die Schließung der Flughafens Tempelhof ist eine Chance für die Stadtentwickler. Die freiwerdenden 386 Hektar inmitten der Stadt könnten für eine "Stadtplanung der Zukunft" genutzt werden.

Glaubt man all den Nachrufen, die auf den Flughafen Tempelhof in Berlin verfasst wurden, dann steht den Bewohnern des Westteils der Stadt am Donnerstag eine schwere Stunde bevor. Pünktlich um 21.50 Uhr soll die letzte Maschine gen Mannheim abheben, dann macht der Airport mit dem Kürzel THF dicht. Was den Streit um Berlins historischen Flughafen in die überregionalen Schlagzeilen brachte, war die Verbissenheit und Emotionalität, mit der um die Schließung gerungen wurde.

Während in anderen Städten krachgeplagte Anwohner Unterschriften gegen Airports und Fluglärm sammeln, stimmten immerhin 530.000 Berliner bei einem Volksentscheid im April für den Weiterbetrieb. Nicht nach vorn ging ihr Blick - sondern zurück auf Berlin-Blockade, Luftbrücke, Rosinenbomber. Und der nächste symbolträchtige Flughafen-Streit steht Berlin schon bevor. Denn wenn voraussichtlich im Jahr 2011 im Vorort Schönefeld der neue Flughafen "Berlin Brandenburg International" eröffnet, wird auch für den alten Westberlin-Flughafen Tegel die letzte Stunde schlagen.

Mit der Schließung des Flughafens Tempelhof hat Berlin jetzt die Chance, endlich auch mental im 21. Jahrhundert anzukommen. Der Ort könnte bald für etwas ganz anderes stehen als heute - für eine Stadtplanung der Zukunft. Denn Berlin hat jetzt eine Freifläche von 386 Hektar und verfügt mit dem Flughafengebäude über das drittgrößte zusammenhängende Gebäude der Welt - nach dem Pentagon und Ceausescus Monsterpalast in Bukarest. Viel Platz, um in diese Richtung Visionen zu entwickeln und zu verwirklichen. Welche andere Stadt in Europa kann das schon von sich behaupten? Freizeitgestaltung, Stadtökologie, Bürgergesellschaft: All das kann in Tempelhof demnächst im Rahmen einer Internationalen Garten- und Bauausstellung neu buchstabiert werden.

Wichtig dabei ist, dass die Stadt Berlin eine neue Planungskultur entwickelt. Die klassische Bürgerbeteiligung alleine reicht dafür nicht mehr: gefragt sind Innovation, Risikofreude und ein langer Atem. Dann hat Tempelhof die Chance, zu einem Symbol der Zukunft zu werden.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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