Legendärer Flughafen schließt: Tempelhof wird jetzt Grünfläche
Der Flughafen inmitten Berlins schließt Donnerstagnacht. Wo einst Rosinenbomber landeten, sollen ein Park, Sportstätten und Wohnungen entstehen.
Wenn Donnerstag kurz vor Mitternacht zeitgleich ein Rosinenbomber Douglas DC3 und der Passagierflieger Junkers Ju52 abgehoben sind, wird nicht einfach nur der Flughafen Tempelhof geschlossen: Es ist das Ende eines Mythos. Zugleich wird eine innerstädtische Fläche frei, die größer ist als der New Yorker Central Park.
Die Erinnerungen an Luftbrücke und Lebensmittelpakete waren es auch, die die lange geplante Schließung zu einem emotional geführten Streit haben werden lassen. 1923 als erster Verkehrsflughafen der Welt eröffnet, ließen die Nazis ein gutes Jahrzehnt später die wuchtigen Gebäuderiegel bauen, die den Komplex prägen. Nach dem Weltkrieg übernahmen die Amerikaner den Flughafen, hierhin flogen sie während der Blockade Westberlins ihre Lebensmittellieferungen - die Rosinenbomber. Tempelhof wurde zum Symbol für Freiheit und Widerstand.
Die Landes-CDU brachte Anfang des Jahres noch einen Volksentscheid gegen das Betriebsende auf den Weg, die Nostalgie war dabei ihr Hauptargument. Sie scheiterte mit der Abstimmung.
Bindend wäre das Ergebnis ohnehin nicht gewesen: Längst war beschlossen, dass Tempelhof zugunsten des für 2011 geplanten Großflughafens Berlin Brandenburg International (BBI) im Südosten Berlins dichtgemacht werden soll. Der dritte Flughafen der Stadt, Tegel, soll in drei Jahren folgen. Mit der Bündelung des Luftverkehrs will Berlin zum internationalen Drehkreuz werden - und zum Gateway Osteuropas.
Tempelhof war schon mit dem Bau von Tegel wirtschaftlich bedeutungslos geworden. Zuletzt hatte der Flughafen jährlich bis zu 15 Millionen Euro Verlust gemacht. Attraktiv war er allenfalls für Geschäftsreisende wegen der zentralen Lage, ein paar Billigflieger landeten auch noch. Die Tempelhof-Befürworter erhielten wohl auch deshalb selbst in flughafennahen Vierteln Stimmen, weil sich der Fluglärm in Grenzen hielt.
In den letzten Monaten versuchten die Schließungsgegner noch, mit verschiedenen Gerichtsverfahren das Ende hinauszuzögern. Nach dem letzten Abflug kann der Senat nun loslegen mit der Nachnutzung - theoretisch. Denn Ideen gibt es bisher viele, konkrete Maßnahmen kaum. Außerdem sind die Eigentumsverhältnisse zwischen Bund und Berlin noch nicht geklärt; derzeit gehört der Flughafen beiden Parteien. Dem Bund nach kostet die Bewirtschaftung knapp eine Million Euro im Monat. Der Großteil des Geländes wird Grünfläche, auch Sportstätten sollen großzügig angelegt werden. In geplanten Wohngebieten am Rand sind bis zu 5.000 Wohnungen angedacht. Erste Ideenwettbewerbe laufen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus